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Von der Intimität in die pulsierende Metropole

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Friedrichshafen / sz - Helle Begeisterung hat am Dienstagabend das Konzert des Orchestre Philharmonique du Luxembourg mit der Violinsolistin Hilary Hahn im Graf-Zeppelin-Haus ausgelöst.

Endlich war der große Saal einmal wieder bis auf den letzten Platz der Erweiterung besetzt.

Ungewöhnlich war allein schon das Programm, das seine Bögen von der Klassik in die Moderne, von der europäischen zur amerikanischen Musiktradition schlug.

Ungewöhnlich war auch der Dirigent, der 27-jährige Amerikaner Joshua Weilerstein, der mit zahlreichen Debüts auf dem Weg zu einer steilen Karriere ist.

Lebhaft war sein Dirigat, seine Körpersprache, wo es galt, den großen Klangkörper zu feurigem Rhythmus, zur großen Geste anzufeuern, und fein und sensibel, wenn die Solistin auch noch mit Pianissimo-Tönen durchdringen sollte.

In Beethovens Violinkonzert ließ die Geigerin Hilary Hahn ihre Zuhörer zuweilen das Atmen vergessen. Wunderbar, mit welcher Klarheit und Reinheit ihre Geige in höchsten Lagen sang, wie die Geigerin höchste Sensibilität mit glühendem Temperament verband.

Vogelleichtes Flirren

Herrlich das vogelleichte Flirren, die vitalen Skalenläufe. Vielfarbig variierte die Kadenz im Kopfsatz das Thema, bis hin zur Schwermut, wie ein stilles Gebet begann das Larghetto, kein Huster im Saal wagte die Intimität zu stören.

Mit vitaler Heiterkeit ging es ins Rondo, noch einmal faszinierten Dialoge der Sologeige mit unterschiedlichen Orchesterfarben. Welch ein Gegensatz zur vorangegangenen Sinfonischen Dichtung „Iscariot“ des 1949 geborenen amerikanischen Komponisten Christopher Rouse, die mit einem donnernden Hammerschlag begann und scheinbar unvereinbare Gegensätze in „Strophen“ und „Antistrophen“ gegeneinander setzte.

Pianissimo-Streichern standen einzelne Holz- und Blechblasinstrumente sowie ein ganzes Arsenal an Schlaginstrumenten gegenüber, Frieden verströmte die Celesta, ehe Trommeln und Pauken wieder „gewitterten“ – eine spannende Komposition zwischen tonal und atonal, laut und leise.

Von ganz anderen Seiten zeigte sich das begeisternd vielseitige Orchester nach der Pause.

Hier luden Ravels fünf Stücke „Ma mère l’Oye“ in eine kindlich poetische Märchenwelt ein. Still und verträumt ruhte Dornröschens Welt vor dem inneren Auge, rührend trafen die Schöne und das Tier aufeinander, rührend die Trauer, die in ihrer Zärtlichkeit mitschwang, der Aufruhr, wenn sie dem Tier davonlief und dieses sie wieder einholte. Verträumtes Feenspiel und wilden Spuk brachte zuletzt der „Feengarten“.

Mit George Gershwins vielfarbig schillernder Tondichtung „Ein Amerikaner in Paris“ tauchte das Orchester am Ende in punktgenauem Zusammenspiel von Streichern und Bläsern tief ein in die beschworene Atmosphäre der Metropole vom hektischen Autohupen bis zum sehnsuchtsvollen Blues der Nachtschwärmer – nach enthusiastischem Applaus gab es als Zugabe „more Gershwin“, ein letztes Eintauchen in die Pariser Luft.


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