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Haratischwili liest in Friedrichshafen

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Friedrichshafen / sz - Geradezu euphorisch hat Franz Hoben vom Kulturbüro die 1983 in Georgien geborene, heute in Hamburg lebende Autorin vorgestellt. Zur Lesung von Nino Haratischwili haben am Montagabend allerdings nur wenige Zuhörer den Weg in den Kiesel gefunden.

Aufgeschlagen lag ihr dritter Roman „Das achte Leben“ auf dem Lesetisch, ein Wälzer mit 1280 Seiten und trotz Bibeldruckpapier 1,2 Kilogramm schwer, der von der Kritik als „Sensation des Herbstes“, als „Buch des Jahres“ gefeiert wird.

Zahlreiche Markierungen ließen einen langen Abend erwarten, doch die Autorin beschränkte sich professionell auf wenige Ausschnitte, beantwortete dann noch einige Fragen nach der Art ihres Schreibens und las nach kurzem Zögern ein paar Sätze in Georgisch, weil eine Zuhörerin wissen wollte, wie diese Sprache klingt. Nino Haratischwili hat ihr vielfarbiges Epos auf Deutsch geschrieben und die nun vorgelesenen Sätze aus dem Stand ins Georgische übersetzt – in gleichem schnellem Tempo, wie sie zuvor ohne besondere Akzentuierung in frischem, flüssigem Hochdeutsch gelesen hatte.

Während der Lesung warf sie regelmäßige Kontrollblicke ins Publikum. Sie konnte zufrieden sein, alle hörten gebannt zu. Besonders beim zweiten Block, als sie eine Liebesnacht beschrieb, die völlig überraschend damit endet, dass der Mann seiner Frau mit einer Säure das Gesicht verätzt. Sie war fremdgegangen, er hat es erfahren.

Familiensaga über Generationen

Der Roman ist eine breit angelegte Familiensaga über sechs Generationen hinweg, er beginnt um 1900 in Georgien und endet 2006 in Berlin, erzählt von Tragödien und Triumphen, von Liebe und Hass, von unbarmherzigen Repressionen und vom Ertrinken in Alkohol. Der Prolog spielt in Berlin. Niza, die mit ihrer Familie gebrochen hat und nach Berlin ausgewandert ist, erzählt ihrer 12-jährigen Nichte die ganze Geschichte, die eng verbunden ist mit dem Land Georgien. Man erfährt von der Befindlichkeit der Menschen und ihrer besonderen Art. Es schimmert leichte Ironie durch, auch wenn der Erzählton gleichmäßig dahinfließt.

Ob das Buch als Vorbereitung für eine Reise nach Georgien geeignet sei, fragt eine Zuhörerin und die Autorin bejaht. Sie habe sich durch das Schreiben Klarheit über ihre Identität verschaffen wollen und freut sich, dass sie auch Interesse für ihr Land geweckt habe.

Wie man so ein umfangreiches Werk bewältigen könne? Sie habe sich zwischendurch nie an die unweigerlich notwendigen Korrekturen gemacht, sondern erst als alles erzählt war, verriet sie.


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