Friedrichshafen / sz - „Frauen im Krieg“ hat die Ortsvorsitzende des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Esther Stolz, bei der Gedenkfeier für die Toten beider Weltkriege in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gestellt. Etwa 150 Menschen hatten sich am Volkstrauertag um das Kriegerdenkmal versammelt.
Das Stadtorchester sorgte unter der Leitung von David L. Gilson und der Sängerbund mit ihrer Dirigentin Adriana Lang für die feierliche Umrahmung sorgten. Das Totengedenken trugen mit Shania Brechenbacher und Nina Rieder erstmals zwei Schülerinnen der Realschule St. Elisabeth vor.
Frauen wurden nicht weniger hart von der „Kriegsfurie heimgesucht“, wenn auch nicht unmittelbar an der Front, hob Esther Stolz hervor, als sie daran erinnerte, dass die sich um das tägliche Brot kümmern mussten, um ihre Kinder, Alte, Kranke und Verwundete. Und sie litten unter der ständigen Angst um das Leben des Sohnes, Mannes und Bruders in vorderster Kampfeslinie oder im Feuersturm der Luftangriffe. Zudem mussten Frauen im Ersten Weltkrieg Funktionen übernehmen, zu denen sie keinen Zugang gehabt hatten.
Bauernmädchen strömten zur Rüstungsproduktion in die Fabriken. Und auch in der Familie änderte sich das Rollenbild, denn sie hatten dort jetzt das Sagen. In der öffentlichen und privaten Verwaltung fassten Frauen dauerhaft Fuß, was dazu führte, dass in der Weimarer Verfassung das aktive und passive Frauenwahlrecht festgeschrieben wurde.
Vor dem Zweiten Weltkrieg wollten die Nationalsozialisten, dass die Frau nur Mutter und Ehefrau war. Sie sollte möglichst viele Kinder bekommen und auf diese Weise den Fortbestand des Dritten Reiches sichern. Doch auch mit diesem Krieg änderte sich die Rolle der Frau. Nun musste sie auch die Funktionen des abwesenden Mannes einnehmen.
Sind Trümmerfrauen ein Mythos?
„Frauen, die ihre Männer in die Schlacht ziehen ließen, waren Hitlers Heldinnen“, sagte sie. Und: Nach dem Krieg waren es die Frauen, welche die Trümmer und den Schutt in den zerstörten Städten wegräumten – so wird es gerne dargestellt. „Trümmerfrauen“ werden bis heute mit Gedenktafeln und Denkmälern geehrt. Doch die junge Sozialhistorikerin Leonie Treber spricht von einem Mythos.
Natürlich haben Frauen mit Eimerketten „enttrümmert“, bis zur Erschöpfung angepackt, fand sie heraus. Doch das galt nur für einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten, denn es war unproduktiv, die Trümmer in dieser Form zu räumen. Es wurden professionelle Firmen und Verwertungsgesellschaften beauftragt, außerdem KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter, Straf- und Kriegsgefangene verpflichtet.
Den deutschen Truppen, die in Polen, der Ukraine und in Weißrussland einmarschierten, folgten Hunderttausende von Frauen, die in den besetzten Gebieten Chancen für ihre Karriere suchten. Krankenschwestern, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Sekretärinnen, aber auch die Ehefrauen von SS-Männern. Sie waren meist jung und sie waren ehrgeizig. Sie wurden zu Mitläuferinnen, Komplizinnen, Täterinnen und Zeuginnen, sagte Esther Stolz. Weshalb der Völkermord keine reine Männersache war. Er wäre nicht möglich gewesen ohne jene Frauen, die im Hintergrund unterstützten. Sie griffen auch selbst zur Waffe, folterten und töteten Unschuldige. Nach dem Krieg wurden die Geschichten dieser Frauen verschwiegen und verdrängt.
„Wie hätten wir uns entschieden, hätten wir damals gelebt? Auf welcher Seite wären wir gewesen. Hätten wir Böses oder Gutes getan?“, fragte die VdK-Vorsitzende. Ihr Dank galt den Mädchen von St. Elisabeth, den Soldaten aus Pfullendorf und den Reservisten aus Friedrichshafen, für ihr Dabeisein und ihren Einsatz bei den Straßensammlungen.