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Unsichtbare Netze fangen Handys

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Friedrichshafen / sz - Zwischen die vier heimischen Mobilfunknetze – Telekom, Vodafone, E-Plus und O2 – haben sich drei Schweizer Mobilfunknetze geschummelt – Sunrise, Orange und Swisscom. Wer am See lebt, nahe der Schweizer und österreichischen Grenze, hat sich wohl längst daran gewöhnt: Es kann passieren, dass das Gerät ohne Vorwarnung mit einem ausländischen Mobilfunknetz sozusagen fremdgeht, anstelle sich mit dem Netz zu verbinden, mit dem es vertraglich verheiratet ist. Und dann wird es teuer.

Der Grund: Die automatische Netzwahl entscheidet sich immer für das „jeweils sendestärkste Netz“, wie das die Verbraucherschutzzentrale erklärt. Ob es dann teuer oder sehr teuer wird, hängt dann nur noch davon ab, welche Roaming-Verträge der eigene Mobilfunkanbieter mit den anderen Telefongesellschaften geschlossen hat. Roaming heißt aus dem Englischen übersetzt „herumwandern“ und bezeichnet das Telefonieren in ausländischen Netzen. Billig war das noch nie.

Seit dem 1. Juli ist das Telefonieren im Ausland allerdings günstiger geworden. Denn die Europäische Union (EU) betrachtete die Handygebühren im Ausland als „ungerechtfertigt hoch“ und beschloss, die Roaminggebühren europaweit zu deckeln – das war 2007. Seit diesem Sommer kostet die selbstgewählte Telefonminute nurmehr maximal 23 Cent (inklusive Mehrwertsteuer), angenommene Telefongespräche 6Cent die Minute und eine verschickte SMS darf nur 7 Cent kosten.

Schweizer Netze sind gefährlich

Aber da die Schweiz kein EU Mitglied ist, greift diese Deckelung dort nicht. Wenn sich also ein Schweizer Netz von der anderen Seeseite aus in Friedrichshafen ein Mobilgerät angelt, kann es deutlich teurer werden, als die EU das für sittlich erachtet. Eigentlich sollten die Roaminggebühren ja sogar ganz abgeschafft werden. Ursprünglich hatte das EU-Parlament dafür mal den 15. Dezember 2015 vorgesehen. Aber die EU-Kommission hält das frühestens ab 2016 für sinnvoll. Außerdem müsse noch über eine „Übergangsphase“ verhandelt werden, wie die EU-Kommission erst jüngst mitteilen ließ.

Vorerst bleiben Roaminggebühren also eine Gefahr, auch am See. Angeblich aber nur ein geringes. Dirk Wende, ein Pressesprecher der Telekom, der vom Bonner Telekomturm aus zwar nicht bis an den Bodensee sehen kann, aber natürlich um alle Landesgrenzen Deutschlands Bescheid weiß, sagt, dass es lange nicht mehr so viele Beschwerden gebe wie früher. „Die Aufklärungsarbeit in den letzten Jahren hat viel erreicht“, sagte er durch die günstige Festnetztelefonleitung hindruch. „Es gibt immer weniger Anfragen dazu.“

Ähnlich klingt das bei O2 (“O-Two“), deren Sprecher Albert Fetsch von München aus mitteilt: „Bei uns gibt es da kein erhöhtes Beschwerdeaufkommen.“ Eher im Gegenteil. Die Kunden seien mittlerweile vertraut mit dem Problem und schalten die manuelle Netzwahl ein. Einzig eine Sprecherin von Vodafone aus Stuttgart gibt zu: „Das Thema Roaming ist – obwohl die meisten Nutzer sehr gut informiert sind – in den Grenzregionen nach wie vor virulent.“

Alle drei erklären derweil, dass der Handyempfang von mehreren Faktoren abhängt: Vom Standort der Antenne, von deren Ausrichtung und deren Sendeleistung und auch vom Wetter. Und die Bundesnetzagentur überwache, dass deutsche Konzerne ihr Möglichstes tun, um nicht in das benachbarte Ausland zu strahlen. Ein hundertprozentige Abschirmung sei zwar gar nicht möglich, aber schlussendlich verfolgten deutsche Anbieter auch nicht das Ziel, das Ausland zu versorgen, sondern das Inland. Die Kollegen im Ausland würden derweil ähnlich kontrolliert, ob sie ihr Möglichstes zu täten. Mehr gibt es dazu nicht zu erfahren.

Im Ausland ist es ähnlich

Tatsächlich geht es zumindest den Österreichern nicht anders. So berichten auch österreichische Medien immer wieder über Roaminggebühren als Kostenfallen: Sowohl in deutschen als auch Schweizer Netzen. Und die Schweizer? Bei Sunrise kostet ein eingehender Anruf umgerechnet etwa 66 Cent die Minute. Und Orange (50 Cent die Minute) wirbt aktuell mit einer „Schweizer Premiere: Roaming Unlimited – Ein Abo für ganze Europa“. 111 Euro würde das kosten. Mit einer Flat für Telefongespräche und Textnachrichten. Gäbe es keinen Bedarf, gäbe es dieses Angbeot wohl auch nicht.

Auf diese Angebote, heißt es bei den drei Mobilfunkanbietern leise, laufe es wohl auch in Deutschland hinaus. Na, sollte die EU die Roaminggebühren abschaffen, braucht es solche Tarife dann auch nicht mehr.

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Tipp Auslandspauschalen: Fast alle Mobilfunkanbieter haben Pauschalen für das Ausland im Angebot. Zum Beispiel: Für 5 Euro im Monat die Inklusivminuten im Ausland nutzen. Dann ist es egal, welche Netz das Handy auswählt.

Tipp Manuelle Netzwahl: Bei so gut wie jedem Mobilfunkgerät kann der Nutzer die automatische Netzwahl deaktivieren. Dann kann sich das Handy auch nicht mehr in ausländische Netze einwählen – was Roaming verhindert.


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