Friedrichshafen / sz - Noch ein Film über Zeppelin. Gefühlt der Hundertste. Nicht einmal Barbara Waibel vom Zeppelin-Archiv kann sagen, wie viele Streifen über den Eroberer der Lüfte schon gedreht worden sind. Katastrophenfilme, Kriegsfilme, Abenteurerfilme, Heimatfilme, Propagandafilme, Dokumentarfilme. Der SWR setzt einen drauf und zeigt am Samstag, 25. Oktober, zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr ein neues 90-Minuten-Zeppelin-Opus: „Die Geschichte der Zeppeline – Vom Bodensee in alle Welt“.
Ein handverlesener Kreis von Mitwirkenden, Repräsentanten der Stadt, der Stiftungsbetriebe und Medienvertreter hatten am Mittwochabend im Zeppelin Museum Gelegenheit, den Film vorab zu sehen. Vorab sei allen, die den Film von der heimischen Couch anschauen wollen versichert: Die 90 Minuten vergehen wie im Flug. Nicht gemächlich wie im Zeppelin, sondern rasant wie in einer Concorde. Bildreich, wortreich, teilweise mit Musik von Led Zeppelin untermalt, wird die Zeppelingeschichte in Szene gesetzt – opulent und unter Einsatz modernster Film-, Schneide- und Bearbeitungstechnik. Die Geschichte beginnt im Film mit dem ersten Aufstieg des LZ 1 am 2. Juli 1900 und reicht bis zum aktuellen Zeppelin Neuer Technologie. 114 Jahre bewegte und bewegende Geschichte in eineinhalb Stunden verpackt, das kommt einem Parforceritt gleich.
Die Bilder flitzen nur so über die Leinwand. Manche Szenen sind so knapp geschnitten, dass sie abzustürzen drohen. Was war das, wie war das, fragt sich der Zuschauer zuweilen bei der Sause durch die Jahre und Jahrzehnte. Das visuelle Konzept überfordert auf weiten Strecken.
Da gibt es kein Verweilen. Atemlos treibt die Regie die Ereignisse voran, um überhaupt durchzukommen. Das ist nicht weiter verwunderlich, sah sich doch die Autorin Sara Endepols einer Fülle an Material gegenüber, das gesichtet, geordnet, ausgewertet und aufbereitet sein wollte. Für eine junge Frau, die noch nie etwas mit Zeppelin zu tun hatte, eine enorme Herausforderung. Am Ende saß sie nach eigenen Angaben sechs Wochen mit ihrem Cutter im Schneideraum, um die Szenen zusammenzufügen. Da kann durchaus auch mal das Gefühl für die Zeit verloren gehen. So präsant der Film im historischen Teil daherkommt, so gemächlich wirkt er in den eher touristisch gefärbten Szenen mit Michael Antwerpes. Der ehemalige Sportmoderator posiert mit blütenweißer Hose lässig in einem Motorboot an der Stelle der Manzeller Bucht, wo einst die schwimmende Luftschiffhalle stand, er sitzt auf einem ganz von Wasser umspülten Stein im See, genießt die Überfahrt nach Konstanz, und schwärmt in der NT-Gondel vom beneidenswerten Arbeitsplatz der Piloten. Da hätte man sich die eine oder andere Einstellung und den Einsatz von Drohnen sparen können.
Blick ins Zeppelin-Familienalbum
Für die „Zeppeliner“ ist Antwerpes ein sympathischer Interviewer. Seine Fragen kommen zwar arg vorgekaut, aber gezielt. Eine richtige Gesprächsatmosphäre kann sich da nicht entwickeln. Nicht einmal mit Manfred Sauter. „Mr. Zeppelin“ führt Antwerpes durchs Zeppelindorf. In der Zeppelin-Stube von Graf Brandenstein-Zeppelin in Mittelbiberach blättert der Urenkel des Luftschiffers im Familienalbum und spricht von der Traumatisierung einer ganzen Nation. „Man müsste um Vergebung dafür bitten, was mein Urgroßvater in England angerichtet hat“, sagt der Zeppeliner.
Die Experten geben lediglich Statements. Knapp, zündend, aufregend wie: „Nach der Entlassung aus dem Militärdienst langweilt sich der Graf zu Tode. Wie ein Besessener verfolgt er seine Idee“, sagt Jürgen Bleibler. Dass seine Gattin Isabella schwer darunter leidet und psychosomatische Symptome bekommt, leuchtet ein. Die Arme. Kühn , aber geistreich und witzig, die Kommentare des Konztanzer Museumsdirektors Tobias Engelsing. Der vergleicht Zeppelin mit einem Popstar und hält es für möglich, dass die phallische Form der Luftschiffe deutsche Allmachtsphantasien beflügelte. Eher nüchtern stellt Wolfgang von Zeppelin auf die Frage, was den Erfolg ermöglichte, fest: „Gute Leute, gute Ideen, gute Werkstoffe“.
Graf Zeppelin ist einer der lautesten Propagandisten des ungebremsten Luftkriegs. Die Filmaufnahmen seines Begräbnisses am 11. März 1917, an dem 20 000 Menschen teilnahmen, wirken bis heute gespenstisch. Aus der Glanzzeit der Zeppeline, den Goldenen 20ern und den braunen 30ern, gibt es beeindruckende Bilder: etwa vom Reparationsluftschiff LZ 126, das 1924 in New York zum „Friedensengel„ (Los Angeles) wird, das LZ 127 „Graf Zeppelin“, das eine Seele hat und 1929 die Welt umrundet und LZ 129, das zum größten Propagandaschiff der Nazis avanciert und den ihnen vorgezeichneten Niedergang vorwegnimmt. Die Bilder vom 6. Mai 1936 aus Lakehurst werden regelrecht zelebriert. Sie fesseln und irritieren gleichzeitig. Muss der Schrecken so ausgewalzt werden. Überhaupt arbeitet Endepols viel mit Wiederholungen. Am Ende nochmal das Ganze in aller Kürze.
Der Film bleibt nicht wie so viele beim Niedergang hängen, sondern lässt das Luftschiff als Ikone wieder aufleben. Der NT liefert die passenden Bilder und die passenden Menschen: „Das ist kein Job wie jeder andere, sondern eines Lebenseinstellung“, sagt die Pilotin Kate Board.
Der Film „Die Geschichte der Zeppeline – Vom Bodensee in alle Welt“ wird am Samstag, 25. Oktober, 20.15 Uhr, im SWR Fernsehen gesendet. Die Dokumentation steht danach in der SWR Mediathek zur Verfügung.