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Untreuesystem bei Häfler Tourist-Info aufgedeckt

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Friedrichshafen / sz - Scheinrechnungen, Scheinarbeit, ein ominöses Konto: Bei der Tourist-Info der Stadt Friedrichshafen ist nach Angaben der Verwaltung über Jahre ein Untreuesystem betrieben worden. Jetzt ist es aufgeflogen. Beteiligt waren demnach vier Mitarbeiter der Tourist-Info, darunter offenbar der Leiter. Schaden: 250000 Euro.

„Überlegt und vorsätzlich“ nennt Oberbürgermeister Andreas Brand das, was offenbar mindestens seit 2007 in der Tourist-Information am Stadtbahnhof schief lief. Bürgermeister Holger Krezer spricht von einem „sehr cleveren System“. Und so liefen die krummen Geschäfte nach Angaben der Stadtverwaltung: Eine Werbeagentur verkaufte Anzeigen für die verschiedenen Druckerzeugnisse von Tourist-Info und Verkehrsverein: Stadtpläne, Gästejournal, Hotelverzeichnis. Die Erlöse dieser Verkäufe sollten eigentlich die Druckkosten teilweise oder komplett decken, wurden aber offenbar teils komplett, teils teilweise auf einem Konto der Werbeagentur geparkt und nicht an die Auftraggeber - die Stadt und der Verkehrsverein Friedrichshafen - weitergegeben.

Danach haben - so das Ergebnis der internen Ermittlungen der Stadt - eine noch unbekannte Zahl von Menschen und Firmen Rechnungen an die Agentur gestellt für Leistungen, die nie erbracht worden sind. Bezahlt wurden die Scheinrechnungen offenbar von den einbehaltenen Anzeigenerlösen.

Außerdem gab es anscheinend Minijobs für Mitarbeiterinnen der Tourist-Info bei der Werbeagentur, für die zwar Lohn und auch Sozialabgaben bezahlt wurden, aber keine Arbeit geleistet. Wer wir stark von dem System profitiert hat, ist bislang unklar.

Liste gefunden, Alarm geschlagen

Ans Licht gebracht haben das Untreuesystem zwei Mitarbeiterinnen der Tourist-Information, in der bislang insgesamt neun Mitarbeiter beschäftigt waren. Sie hatten eine Liste entdeckt, in der die Werbeagentur über die mutmaßlich krummen Anzeigengeschäfte Buch geführt hatte, - und schlugen Alarm. Vor gut zwei Wochen informierte Roland Sabacinski, Leiter des städtischen Rechtsamtes, den OB, die interne Ermittlung begann. Nach Auskunft von Andreas Brand haben alle vier Mitarbeiter die Vorwürfe zugegeben. Die Stadt unterrichtete die Staatsanwaltschaft in Ravensburg und stellte Strafanzeige gegen die vier Mitarbeiter, den Chef der regional bekannten Werbeagentur, die seit Jahren Druckwerke der Stadt herstellt, und sieben weitere Personen, die an dem Untreuesystem beteiligt gewesen sein sollen.

Außerdem habe man sich von allen vier Mitarbeitern getrennt, nach einer Einzelfallprüfung, wie Bürgermeister Holger Krezer, der bei der Stadt für Personalangelegenheiten zuständig, betont. Man habe eine Fürsorgepflicht, den vier angezeigten, aber auch den anderen Mitarbeitern der Tourist-Info gegenüber. Auch weil es bei dem Untreuesystem letztlich um Geld des Steuerzahlers gegangen sei, habe man keine andere Möglichkeit gesehen, als sich von den Abgestellten sofort zu trennen.

OB Brand kündigte an, dass die Stadt auch zivilrechtliche Schritte einleiten und Schadensersatz fordern werde. Außerdem werde der Vorfall intern weiterhin „mit Hochdruck aufgearbeitet“. Fehlerquellen werden man sofort abstellen, nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen weitere Konsequenzen ziehen. Dabei dürfte es auch um die Frage gehen, ob die Kontrollmechanismen der Verwaltung funktioniert haben.

Agentur zieht sich zurück

Die Arbeit der Tourist-Info werde mit teilweise neuer Besatzung weitergeführt „in der gewohnt hohen Qualität“, so Brand. Die fragliche Werbeagentur, deren Chef nach Einschätzung der Stadt das Untreuesystem durch das Führen des Kontos unterstützt, von den Machenschaften aber nicht profitiert hat, hat die Verwaltung unterdessen gebeten, sie von allen städtischen Aufträgen zu entbinden. Hinweise, dass städtische Mitarbeiter außerhalb der Tourist-Info in das System verstrickt waren, gebe es nicht, so der OB.


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