Friedrichshafen / sz - Wie nennen es Juristen, wenn jemand schwarz mit der Bahn fährt? „Erschleichen von Leistungen“. Eigentlich eine läppische Straftat – aber nicht, wenn man nicht unter Bewährung steht. Das Amtsgericht Tettnang ließ am Dienstag eine 33-jährige vorbestrafte Häflerin noch einmal mit einer Geldstrafe davonkommen.
Wie oft die 33-Jährige zwischen Friedrichshafen und Ravensburg ohne Ticket unterwegs war, weiß sie wahrscheinlich selbst nicht. Erwischt wurde sie zwischen dem 6. Dezember 2013 und dem 7. Februar 2014 jedesmal viermal. Nachweisbarer Gesamtschaden: 12,40 Euro. Die Bahn erstattete Anzeige. Warum so eine Bagatelle nicht mit einem Strafbefehl abgehandelt wird und sich stattdessen das Amtsgericht darum kümmern muss? Weil die junge Frau im Jahr 2011 wegen versuchter räuberischer Erpressung beziehungsweise schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wurde – und noch unter Bewährung stand. Im Prinzip ist der Fall klar: Wer die Bewährungsauflagen bricht, muss damit rechnen, ins Gefängnis zu gehen.
Die Angeklagte räumte die Schwarzfahrten ohne Umschweife ein. Auf die Frage der Richterin, ob sie einfach kein Geld hatte oder warum sie kein Ticket löste, zuckte sie nur mit den Schultern. Auch mit Angaben zu ihrer Person hielt sich die junge Frau zurück. Was nicht verwundert, denn es ist viel schief gelaufen in ihrem Leben. Trennung der Eltern, Alkohol- und Drogenprobleme, falsche Freunde, Arbeitslosigkeit – all diese Umstände führten dazu, dass sie in ein zwielichtiges Milieu abglitt. Höhepunkt ihrer kriminellen Karriere: 2011 lockt sie einen Pizzaboten in ihre Wohnung und schmeißt sich an ihn heran. Ihr Freund stürmt plötzlich aus dem Bad heraus und hält dem jungen Mann ein Messer vors Gesicht. Er droht, ihm die Augen auszustechen, wenn der Pizzabote nicht Bares auf den Tisch legt. Der Bedrängte schafft es zu entkommen und geht zur Polizei. Die Bewährung wegen dieser Straftat wäre erst im Herbst 2015 ausgelaufen. Vorstrafen hat die 33-jährige außerdem wegen Diebstahl, Betrug, Vortäuschen eine Straftat und Missbrauch eines Notrufs gesammelt. „Was soll ich nur mit Ihnen machen? Wie soll ich davon ausgehen, dass bei Ihnen künftig alles richtig laufen wird?“, fragte die Richterin. „Das wird’s“ beteuerte die Angeklagte.
Mit 90 Tagessätzen à 10 Euro blieb das Gericht unter der Forderung des Staatsanwalts, der drei Monate Haft auf Bewährung gefordert hatte. „Ich bringe es nicht fertig, sie wegen vier Schwarzfahrten ins Gefängnis zu schicken“, sagte die Richterin. Sie habe eine Geldstrafe verhängt, weil sie kein „Fan von ständigen Bewährungsstrafen“ sei, da hier die Gefahr bestehe, dass die Verurteilten den Überblick über ihre verschiedenen Bewährungen verlieren. Die Richterin entließ die 33-jährige mit einem klaren Hinweis aus dem Saal: „Ich kann Ihnen garantieren: Wenn wir uns hier noch einmal sehen, dann ist es aus.“