Friedrichshafen / sz - Gut besuchter Auftakt zur „Krebswoche“ im Klinikum Friedrichshafen: Ein Infoabend rund um das Thema Darmkrebs hat am Montag diese Veranstaltungsreihe eingeläutet. Noch bis zum Samstag stehen täglich weitere Vorträge und Aktionen auf dem Programm.
Mit rund 70 000 Neuerkrankungen pro Jahr ist der Darmkrebs sowohl bei Frauen als auch bei Männern in Deutschland die zweithäufigste Krebsart. „Es kann eigentlich jeden von uns treffen“, so Priv.-Doz. Dr. Thorsten Lehmann, Chefarzt in der Chirurgischen Klinik I des Häfler Klinikums. Umso wichtiger sei es, „dass man sich informiert und Bescheid weiß“. Zahlreiche Interessierte nutzten dazu die Vorträge im Auditorium des Klinikums und bekamen aus dem Mund von Experten Antworten auf viele Fragen: Was verbirgt sich eigentlich unter der Bauchdecke? Welche Darmabschnitte sind am meisten von bösartigen Tumoren betroffen? Wie kann Darmkrebs operiert und behandelt werden? Und natürlich: Welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es?
Diesem Thema widmete sich Dr. Birgit Euchenhofer, Leiterin der Onkologischen Tagesklinik in der Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin und Dialyse Friedrichshafen. Bei den angenommenen Risikofaktoren für Darmkrebs seien viele noch nicht hundertprozentig nachgewiesen, heißt es im Eigenbericht des Klinikums. Jedoch spiele die erbliche Vorbelastung eine Rolle, außerdem könnten sich beispielsweise Übergewicht, ein exzessiver Alkoholkonsum und der tägliche Verzehr von rotem Fleisch ungünstig auswirken. Aber: „Die wichtigste Vorsorgemaßnahme ist die Darmspiegelung.“ Durch diese für Menschen ab 55 Jahren allgemein empfohlene Untersuchung sei eine zuverlässige Früherkennung möglich. Doch wie kommt es eigentlich zu Darmkrebs? Der überwiegende Anteil der Erkrankungen entstehe aus Polypen. „Sie können entarten und sollten deshalb entfernt werden“, so Dr. Birgit Euchenhofer. Das geschehe gleich im Zuge der Darmspiegelung.
„Es gibt nicht den einen guten Weg“
Und wenn die Diagnose Krebs gestellt wird und eine Operation erforderlich ist? Bei der Entfernung von Tumoren im Darm wird heutzutage überwiegend minimal-invasiv mit der sogenannten „Schlüssellochchirurgie“ operiert. „Das ist die Technik mit der Kamera im Bauch und den Stäbchen“, erklärte Dr. Lehmann diese moderne Methode. Dabei werden spezielle Instrumente samt Videokamera durch winzige Zugänge eingeführt. Vorteile für die Patienten: kleine Schnitte, weniger Schmerzen und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt. „In den 1960er Jahren waren die Patienten noch einen Monat im Krankenhaus. Heute sind es vier bis 14 Tage.“ Und der Operateur habe dank der Kamerabilder eine exakte Übersicht und könne präziser und sicherer arbeiten.
Als eines der ersten Krankenhäuser in Baden-Württemberg habe man hierzu im Klinikum seit einiger Zeit zudem eine dreidimensionale Videotechnik im Einsatz.
Einen Überblick über nichtchirurgische Therapiekonzepte bei fortgeschrittenen Darmkrebserkrankungen gab anschließend Prof. Dr. Dr. Frank Mayer von der Praxis für Innere Medizin Friedrichshafen/Überlingen. Neben der klassischen Chemotherapie ging er mit den so genannten „Biologicals“ auch auf neuere Medikamente ein. Generell gelte bei der Behandlung von Darmkrebspatienten: „Es gibt nicht den einen guten Weg.“ Hierbei müsse immer die individuelle Situation gesehen, Nebenwirkungen und Nutzen abgewogen und aus „einem Potpourri von verschiedenen Substanzen“ die jeweils optimale Therapie gefunden werden. So gebe es insgesamt mit den heutigen Medikamenten über 1000 Kombinationsmöglichkeiten, rechnete der Mediziner vor.
Als wichtigen Teil im Gesamtpaket bei der Behandlung von Krebs bezeichnete Dr. Lehmann die Arbeit von Selbsthilfegruppen. Und so stand neben den Medizinern auch Harry Heise von der Deutschen ILCO-Selbsthilfeorganisation für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs den Besuchern Rede und Antwort.