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Wie aus ZF und TRW eins werden kann

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Friedrichshafen / sz - Die Übernahme des US-Automobilzulieferers TRW Automotive durch den deutschen Konkurrenten ZF Friedrichshafen wirft viele Fragen auf und weckt auch Ängste. Am Montag gab der Getriebeproduzent ZF den Kauf des US-Unternehmens für insgesamt 9,5 Milliarden Euro bekannt. Der weltweit drittgrößte Autozulieferer mit einem Gesamtumsatz von 30 Milliarden Euro sowie 138000 Mitarbeitern soll entstehen. Das erinnert an ähnliche Großprojekte – die scheiterten.

Die Befürchtungen tragen Namen wie Daimler-Chrysler oder Schaeffler und Continental – zwei Fusionen von Marktgrößen, die als Negativbeispiele dienen. „Viele Fusionen sind gescheitert“, erklärt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer der „Schwäbischen Zeitung“. Der Grund: Man habe die Übernommenen unterdrückt. Als Beispiel nennt er Daimler, der den US-Autobauer Chrysler übernahm oder VW, der sich die Lastwagenbauer Scania und MAN einverleibte. „Die benahmen sich wie so eine Art Herrengesellschaft“, erläutert Dudenhöffer. Besonders schlimm werde es, wenn Jobs gestrichen würden – und zwar bei der aufgekauften Firma.

Wenn man nicht auf Augenhöhe zusammengehe, könne kein gemeinsames Unternehmen entstehen, das gewinnbringend zusammenarbeitet, so Dudenhöffer, der als Professor für Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg-Essen tätig ist. Für ZF-Vorstandsvorsitzenden Stefan Sommer heißt das nun, dass er vor allem auf ein Zusammenwachsen auf kultureller Ebene achten muss. Doch da sieht Dudenhöffer kein Problem. Ein Indiz dafür ist, dass der ZF-Gesamtbetriebsrat geschlossen hinter dem Kauf steht.

Auch ZF rechnet nicht mit großen Integrationsschwierigkeiten. Beide Unternehmen seien in den USA und in Europa schon seit Jahren aktiv. „Es gibt bei ZF und TRW jeweils globale und damit offene Kulturen, keine typisch deutsche oder typisch amerikanische“, teilten die Friedrichshafener auf Anfrage mit.

Gefahr lauert in der Finanzierung

Um ein Zusammenwachsen zu gewährleisten, sollen von beiden Seiten Integrationsteams aufgestellt werden. Doch der eigentliche Prozess des Zusammenschlusses soll erst im ersten Halbjahr 2015 beginnen, wenn der Kauf in all seinen finanziellen und rechtlichen Aspekten zum Abschluss gekommen ist, hieß es weiter.

Experten sehen im Fall ZF das Risiko eher bei der Finanzierung der Übernahme als bei der kulturellen Integration. Auch hier werden die Negativbeispiele aus der Vergangenheit bemüht: Der Maschinenbauer und Autozulieferer Schaeffler hatte sich bei der Übernahme des Reifenherstellers Continental hoch verschuldet. Autoexperte Dudenhöffer sieht dieselbe Gefahr auch im Falle ZF. „Bei einer Fremdkapitalfinanzierung braucht nur eine Krise zu kommen und Sie können den Kredit nicht mehr bedienen“, sagt er.

ZF will die 9,5-Milliarden-Euro-Übernahme zunächst über Bankenkredite der Citibank und der Deutschen Bank finanzieren. Wie groß der Eigenkapitalanteil sein wird, ist unklar, doch laut „Stuttgarter Zeitung“ hatte ZF Ende April noch 1,9Milliarden Euro auf der hohen Kante. Nach sechs Monaten sollen die Überbrückungskredite der beiden Banken allerdings auf mehrere Geldinstitute verteilt werden. Parallel dazu soll ein Teil des Kredits in Unternehmensanleihen umgewandelt werden, so ZF-Sprecher Andreas Veil.

Dudenhöffer hält auch das für riskant – schließlich seien Anleihen auch nichts anderes als Fremdkapital. Vermögensexperte Rolf Kazmaier von der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart gibt jedoch zu bedenken, dass Anleihen auch ihr Gutes haben: „Das Geld ist zwar Fremdkapital, aber es ist nicht zweckgebunden.“ Außerdem gehe es um die richtige Mischung der Finanzierung.

Der Autoexperte Dudenhöffer prophezeit dagegen einen Börsengang der ZF Friedrichshafen AG. „Die Eigentümer-Stiftungen könnten die Stammaktien mit Stimmrecht behalten und nur die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht an der Börse verkaufen.“ So hätten das die Eignerfamilien von VW und Porsche auch gemacht, sagt Dudenhöffer. Zu Krisenzeiten müsste man dann nur auf eine Dividende verzichten.

Dem stimmt auch Vermögensberater Kazmaier zu, doch er schränkt ein: „Als börsennotierte Aktiengesellschaft wäre ZF noch viel weitreichenderen Veröffentlichungspflichten unterlegen. ZF müsste öffentliche Hauptversammlungen veranstalten und so weiter. Das kostet.“ Und: Autombobilzulieferer ließen sich im Allgemeinen ungern in die Karten schauen. ZF-Sprecher Veil: „Zu einem Börsengang wird es nicht kommen.“

Auch in den USA sieht man den ZF-Deal positiv

Nach Einschätzung des „Wall Street Journal“, verdeutlicht die Übernahme einen rasanten technischen Wandel in der Automobilindustrie. Der neue Global Player orientiere sich am Bedarf einer „Hightech-hungrigen“ Branche, in der es zunehmend darum gehe, Autos mit dem Internet zu verbinden und sich auf eine Innovationswelle selbstgesteuerter Fahrzeuge vorzubereiten. Die neue Firma, meint Joseph Spak, New Yorker Analyst der kanadischen Investmentbank RBC Capital Markets, „kombiniert eine Reihe von Schlüsseltechnologien genau zu der Zeit, da sich die Welt in Richtung des autonomen Fahrens bewegt“. Die Bandbreite ihrer Produkte sei enorm. Für Kommentatoren in Michigan, dem Bundesstaat, in dem TRW angesiedelt ist, stehen die Arbeitsplätze im Vordergrund. Die „Detroit Free Press“ verweist auf eine ZF-Erklärung, wonach der Ballungsraum Detroit ein wichtiger Firmenstandort bleiben soll. Nach den Worten einer TRW-Sprecherin lässt sich noch nicht abschätzen, wie sich die Übernahme auf die Zahl der Jobs auswirkt. In der TRW-Zentrale arbeiten 1300 Menschen. Insgesamt zählt das Unternehmen in Michigan 3200 Beschäftigte. (her)


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