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Zeppelin Universität Friedrichshafen steht in der Kritik

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Friedrichshafen / sz - Die Zeppelin Universität (ZU) kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Erneut sind offenbar brisante Informationen eines Insiders aus der Universität an die Öffentlichkeit gelangt.

So berichtet der Südkurier, die Universität habe nicht nur zu viel Geld für eine neue Homepage ausgegeben, sondern diese zugleich über ein unübersichtliches Netzwerk von Firmen finanzieren und erstellen lassen. Der Vorwurf der Vetterleswirtschaft liegt in der Luft – wenige Tage, nachdem bekannt wurde, dass die ZU-Führung zeitweise erhebliche Konflikte ums liebe Geld mit einem ihrer Hauptförderer, der ZF Friedrichshafen AG, gehabt haben soll. Hat sich die junge Universität ihren Sprint an einen Spitzenplatz in der deutschen Universitätslandschaft zu teuer oder mit fragwürdigen Methoden erkauft? Die wichtigsten Fragen:

War die neue ZU-Homepage zu teuer?

Die Neugestaltung der ZU Homepage hat nach Angaben der Entwicklerfirma Columbus Interactive in Ravensburg rund 400000 Euro verschlungen. Dabei gab es nach ZU-Angaben „keinerlei Kostensteigerung“ zur ursprünglichen Planung. Besonders kritisch soll in diesem Zusammenhang aber sein, dass die ZU die Homepage über ein Leasingangebot einer Firmengruppe finanziert haben soll, die seit Langem enge Beziehungen zur Uni pflegt. Die Homepage wurde nämlich von Columbus Leasing finanziert. Beide Gesellschaften arbeiten unter dem Dach der Columbus Holding. Deren Chef ist derzeit Haiko-Falk Wagener, Ex-ZU-Absolvent und Sohn von Götz-Werner Wagener, der unter anderem im Uni-Förderverein Zeppelin-Universitätsgesellschaft sitzt. ZU-Präsident Stephan A. Jansen war außerdem eine Zeit lang im Aufsichtsrat der Holding. Den Vorwurf, die Entwicklung der neuen ZU-Homepage sei zu teuer, weist Heiko-Falk Wagener jedoch zurück. Es sei um mehr als die reine Entwicklung einer Homepage gegangen, sagte er am Dienstag im SZ-Gespräch, nämlich darum, „die gesamte digitale Kommunikation der Universität zu kanalisieren und zusammenzuführen und mit den bestehenden Systemen eng zu verzahnen“. Dafür sei ein marktüblicher Preis in Rechnung gestellt worden, man habe sogar zwei Mitbewerber ausgestochen. Die entscheidenden Gremien der ZU haben das Geschäft letztlich abgenickt. Dass sein Unternehmen personell zu eng mit der ZU verstrickt sei, dementiert Wagener: „Die ZU und die Columbus-Gruppe haben eine lange Geschäftsbeziehung. Natürlich entsteht aus einer langen Partnerschaft ein Wissensvorsprung, der es uns ermöglicht, schneller und besser auf die Anforderungen der ZU eingehen zu können.“ Laut Südkurier gibt es aber durchaus fragwürdige Verstrickungen von ZU-Personal und Unternehmen wie Columbus. ZU-Insider nannten diese Vorwürfe im Gespräch mit der SZ nicht nur „glaubwürdig“, sondern sprachen auch von „offensichtlichen Interessenüberschneidungen“. Inwiefern das juristisch angreifbar sein könnte, ist ungeklärt.

Warum sind mutmaßliche personelle und finanzielle Verstrickungen von ZU-Mitarbeitern oder Förderern in diese Geschäfte möglicherweise problematisch?

Es steht der Vorwurf von Vetterleswirtschaft im Raum. Wenn ZU-Mitarbeiter direkt oder indirekt dafür sorgen würden, dass Unternehmen Aufträge erhalten, in denen sie selbst wichtige Positionen einnehmen oder die die ZU fördern, könnte das bedeuten, dass die ZU Aufträge ohne die notwendige wirtschaftliche Sorgfalt vergibt und ihre Kosten nicht unter Kontrolle hält. Auch der Staat könnte sich letztlich für das ZU-Geschäftsgebahren interessieren. Erstens arbeitet die ZU als gemeinnütziges Unternehmen und profitiert damit von extrem niedrigen Steuern. Außerdem stecken öffentliche Fördergelder in der ZU. 2012 hat sie zum Beispiel 430 000 Euro aus dem Ausbau-Programm „Hochschule 2012“ erhalten – neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Auch städtische Gelder wurden für die Universität ausgegeben, vor allem erhebliche Mittel der Zeppelinstiftung. Die SZ hat die ZU mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Dabei hat die ZU nicht abgestritten, dass es Verflechtungen zwischen Universität und Wirtschaft in der Region gibt. Das sei einerseits unvermeidbar, andererseits sei man sich der dabei entstehenden Gefahren vollauf bewusst: „Verflechtungen von Studierenden und deren Eltern wie auch Förderern mit Leistungen sind natürlich mit besonderer Aufmerksamkeit zu beachten“, teilt die Uni mit. Darüber hinaus gebe es spezielle Regeln für den Fall von Befangenheitsverhältnissen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, zum Beispiel durch familiäre Verbindungen. Grundsätzlich würden bei Auftragsvergaben mehrere Angebote eingeholt. Die ZU betont allerdings auch: „Es kann aber nicht sein, dass beispielsweise Vereins- oder Vorstandsmitglieder der Zeppelin Universitätsgesellschaft, die Gelder für studentische Projekte einwerben, Nachteile bei der Angebotsabgabe an die Universität haben sollten.“ Dies würde zu viele Förderer der Uni treffen.

Wie finanziert sich die ZU?

Die ZU spricht selbst immer von einer Drittelfinanzierung: ein Drittel Studiengebühren, ein Drittel Spenden und Sponsoring, ein Drittel Uni-Initiatoren, also ZF, Zeppelin GmbH und Zeppelin-Stiftung, ZU-intern die „3Z“ genannt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, die ZU spricht aber von rund 20 Millionen Euro im Jahr. Immer wieder gab es in der Vergangenheit um die Höhe der Förderung der ZU durch die 3Z Auseinandersetzungen, vor und hinter den Kulissen. Wie man hört, hat sich der Streit Ende 2013 ein letztes Mal zugespitzt. „Angesichts wiederholter Verfehlungen von Businessplänen, einer zunehmenden Entkoppelung von Strategie/Wachstum und deren Finanzierbarkeit, fehlender Transparenz in den Kostenstrukturen sowie für uns nicht erkennbarer Bereitschaft, Kosten einzusparen, haben wir als Vorstand keinerlei Vertrauen in die aus unserer Sicht überforderte kaufmännische Geschäftsführung der ZU“, heißt es offenbar in einem internen Diskussionspapier der ZF über die ZU, das ein Maulwurf Ende August an die Medien weitergereicht hat. Trotzdem soll – so hört man – eine Einigung erreicht worden sein, die die ZU-Finanzierung dauerhaft sichert und zugleich die Zuschüsse der 3Z nach oben begrenzt. ZF-Chef Stefan Sommer sagte bereits am 25. August zur Schwäbischen Zeitung: „Es gibt keine finanzielle Schieflage.“ Anderslautende Behauptungen seien eine Darstellung von „interessierter Seite“.

Ist die Diskussion über die Finanzierung der Privatuni ungewöhnlich?

Nein, private Universitäten sind immer wieder in den Schlagzeilen. So kämpft die Privatuni Witten-Herdecke stets ums Überleben, ähnlich geht es Privatunis in Bremen und Oestrich-Winkel. Allerdings hat die ZU in Friedrichshafen außerordentlich finanzstarke Geldgeber im Hintergrund.

Hat die ZU Gelder, die für den Campus-Neubau vorgesehen waren, zum Stopfen ihrer Finanzlöcher verwendet?

Von einer 20-Millionen-Euro-Spende der ZF für den Campus-Neubau der Universität soll die ZU 1,6 Millionen Euro entnommen haben, um Zahlungsfähigkeit zu erhalten. „Dies stimmt nicht“, dementiert die Universität. Der genannte Betrag sei schlicht und in Abstimmung mit der ZF „umgewidmet worden“, bis das Geld tatsächlich benötigt werde. Eine „Zahlungsunfähigkeit habe zu keinem Zeitpunkt bestanden“.

Woher stammen die Informationen über interne ZU-Verwaltungsvorgänge?

Ein Insider (oder mehrere) der Zeppelin Universität gibt offenbar Informationen und wohl auch Papiere an den Südkurier weiter. Der geschasste Kanzler Niels Helle-Meyer steht im Verdacht, der Maulwurf zu sein, dementiert die Vorwürfe im SZ-Gespräch aber heftig. Andere behaupten, die Mitteilung, dass ZU-Präsident Stephan A. Jansen und die ehemalige Kanzlerin Katja Völcker übergangweise das Kanzleramt ausfüllen, könne Mitarbeiter motiviert haben, Unterlagen an die Presse weiterzugeben. Zahlreiche ZU-Mitarbeiter hatten sich in mehreren Schreiben gegen die Entlassung Helle-Meyers ausgesprochen, darin kritisierten sie auch indirekt den Führrungsstil der ZU-Spitze unter Führung von Stephan A. Jansen. Momentan sei die Stimmung an der ZU „sehr unangenehm“, berichtet ein Mitarbeiter. „Es gibt viele Fraktionen, die sich misstrauen. Das wird dauern, bis das wieder gekittet ist.“

Sind die Vorwürfe, die an die ZU gerichtet werden, grundsätzlich glaubwürdig?

Die Schwäbische Zeitung hat mit zahlreichen Kennern des ZU-Betriebs gesprochen, sowohl aus dem internen Bereich, als auch auf Seiten der Geldgeber. Vielfach ist die Antwort auf Nachfragen: Kein Kommentar. So haben ZF, Zeppelin und Zeppelin-Stiftung an der aktuellen Diskussion sicher kein Interesse. Aus deren Sicht sind die Finanzprobleme mittlerweile und auf längere Zeit gelöst. Mit der Ernennung eines neuen Präsidenten – der amtierende Stephan A. Jansen hat seinen Rückzug bereits vor einigen Monaten angekündigt – werden die Karten aus Sicht der 3Z sowieso neu gemischt. Ansonsten hört man immer wieder Gerüchte und Vorwürfe in Richtung ZU-Führung, Beweise bleiben aber aus, Namen von Kritikern dürfen nicht genannt werden. Viele Gesprächspartner sagen, dass man sich die Vorwürfe gegenüber der ZU-Spitze zumindest in Teilen vorstellen könne. Offenbar ist bis jetzt seitens der ZU keine Gegendarstellung durchgesetzt worden oder andere juristische Verfahren gegen die Berichte über das Finanzverhalten der ZU eingeleitet worden.

Ist die Zukunft der ZU in Gefahr?

Das Studieren an der ZU ist Stand heute gesichert. Da es Ausfallbürgschaften von ZF und Zeppelin gegenüber dem Land Baden-Württemberg gibt, wäre laut ZU selbst im Extremfall eines Rückzugs wichtiger Geldgeber garantiert, dass Studenten der ZU ihr Studium abschließen könnten. Grundsätzlich ist das Land für die staatliche Anerkennung der Universität zuständig und prüft regelmäßig die Genehmigungen. Die derzeitige läuft zwar bis Ende 2021, doch schon bald beginnt regelgemäß die erneute Prüfung der Universität für den Folgezeitraum. Schon 2016 muss die 2011 erteilte Zulassung des Hochschulbetriebs durch den Wissenschaftsrat in Köln erneuert werden. Das Urteil des Expertengremiums gilt als Basis für die Anerkennung der Universität durch das Land. Dabei fordern die Prüfer neben Aussagen über Studium und Forschung auch ein Finanzierungskonzept sowie Informationen über das Verhältnis zwischen Hochschule und Träger, der sogenannten Governance. Oft ist eine Reakkreditierung nur eine Formsache, auch die ZU sieht für dieses Verfahren „keine Schwierigkeiten“ auf sie zukommen. Sollten sich die Vorwürfe gegen die Universität aber erhärten, könnten die Prüfer sehr genau hinschauen. Das passt zur Aussage eines ZU-Insiders, der im SZ-Gespräch sagte, 2016 könnte es für die Universität eng werden. Die Landesregierung gibt sich dagegegen noch sehr zurückhaltend: „Die derzeitigen Vorgänge an der Zeppelin-University kommentieren wir nicht“, sagte Arndt Oschmann, Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) zur Schwäbischen Zeitung.


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