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Schmuggler, Schwarzgeld und ein Stoßzahn

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Friedrichshafen / sz - Von außen ist der neue Hotel- und Bürokomplex an der Mühloschstraße in Friedrichshafen zwar schön anzusehen – dass innen drin nicht nur Hotelgäste residieren, sondern auch Millionen an Euro bewegt werden, wissen die wenigsten: Vor neun Monaten hat der Zoll in Friedrichshafen an diesem Standort einige seiner wichtigsten Abteilungen zusammengezogen. Die Schwäbische Zeitung hat einmal nachgeschaut, was die Beamten in den typisch grünen Uniformen dort treiben.

Auf 1500 Quadratmetern, verteilt auf drei Etagen, wohnt seit November 2013 einer der wichtigsten Geldeintreiber des deutschen Staats: Der Zoll. 65 Beamte der Zollkontrolle, des sogenannten Prüfungsdiensts und Schwarzarbeitskontrolleure überwachen von dem schicken Neubau aus die Region. Vorbei sind die Zeiten, als Zollbeamte aus dem Zollgebäude in der Schanzstraße bis zu Fränkeltiefgarage laufen mussten, um zu ihren Dienstwagen zu gelangen.

Mit rund 20 Fahrzeugen, einem Zwinger für Drogen-, Schwarzgeld- und Sprengstoffspürhunde ist der Zoll in Friedrichshafen besser denn je ausgestattet, um Schmugglern, Steuersündern oder Schwarzarbeitern ins Handwerk zu pfuschen. „135 Milliarden Euro im Jahr, fast die Hälfte des Bundeshaushalts, nehmen die 40000 Zöllner im Land jährlich ein“, sagt Hagen Kohlmann, Sprecher des Hauptzollamts Ulm. Ein Teil kommt auch aus der Häfler Dependance. Aber wie kommen die Zöllner an ihr Geld? Ein Überblick über die Häfler Einrichtung:

„Wir haben zehn Jahre Zeit“, sagt Hans-Jürgen Hermann, Leiter des Prüfungsdiensts des Zolls in Friedrichshafen. So lange läuft die Frist, in der Hermann und seine Kollegen falsch oder gar nicht bezahlte Steuern von Unternehmen und Privatpersonen zurückfordern können, wenn sie bei Kontrollen auf Unregelmäßigkeiten stoßen. Der Schwerpunkt der Häfler Abteilung liegt dabei mittlerweile bei der Überprüfung von Energie- und Stromsteuern. So prüfen die Beamten etwa regelmäßig, ob von der Ökostromumlage befreite Unternehmen ihren Stromverbrauch korrekt angeben. Auch bei Tausenden Schnappsbrennern in der Region schauen die Beamten genau hin, ob Alkoholproduktion und bezahlte Branntweinsteuer übereinstimmen.

Das sieht der Zoll nicht gern: Heizöl im Auto

Manchmal wird es richtig schmutzig, etwa wenn Kohlmann Proben aus Heizöl- oder Dieseltanks entnehmen muss, um zu testen, ob hier gepanscht wurde. Heizöl und Diesel sind chemisch nämlich identische Stoffe, die allerdings völlig unterschiedlich besteuert werden. Wer aber Heizöl statt Diesel ins Auto tankt, betreibt Steuerhinterziehung. „Es hat schon mancher Bürgermeister in der Region Heizölverdieselung betrieben,“ sagt Sprecher Kohlmann. Schuld war allerdings ein Lieferant, der es mit der Unterscheidung nicht ganz so genau genommen hatte.

Bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat Leiterin Sylvia Weber im Blick, ob Unternehmen Schwarzarbeiter beschäftigen, nur aus Scheinselbstständigen bestehen oder mit anderen Tricks versuchen, Steuern und Sozialabgaben ihrer Mitarbeiter zu sparen. In schlimmen Fällen können nach Ermittlungen Steuern- und Sozialversicherungsbeiträge bis zu 35 Jahre zurückgefordert werden, sagt Weber.

Auch ZF bekommt Besuch vom Zoll

Egal ob acht angeblich „selbstständige“ Friseurinnen in einem Salon arbeiten, oder die Baustelle für das ZF Forum per Schwarzarbeiter-Razzia durchsucht wird – kein Unternehmen ist vor den überraschenden Kontrollen von Webers Kollegen gefeit. „Bei ZF haben wir nur kleine Ordnungswidrigkeiten entdeckt. Die waren sehr vorbildlich“, sagt Weber und verrät Tricks einer ordentlichen Baustellenkontrolle: „Gehen wir vorne rein, rennen hinten alle raus“, heißt es da. Man müsse also nur an der richtigen Stelle warten.

Schwieriger als reine Schwarzarbeiter zu entdecken sei es allerdings, frisierte Abrechnungen und falsch gemeldete Angestellte zu enttarnen. Wer etwa als geringfügig beschäftigt in einem Unternehmen gemeldet ist, in Wirklichkeit aber voll arbeitet, sei schwer zu enttarnen: „Die Gegenseite ist erfindungsreich, da wird uns nie langweilig.“

Hart zur Sache geht es beim Zoll vor allem bei den Zollkontrolleuren, die von Friedrichshafen in der ganzen Region nach Schmugglern oder Steuerhinterziehern Ausschau halten. Lieblingsarbeitsplatz der Beamten rund um Leiter Alexander Ebe: Der „Schwarzgeldexpress“ zwischen Zürich und München oder die „Bargeldroute“, die Autobahn A96.

Lamborghini trifft Kroko-Schädel

Hier schlagen die Häfler Beamten immer wieder zu, wenn Menschen Schwarzgeld über die Grenze bringen oder versuchen, einen Luxussportwagen aus der Schweiz illegal zu exportieren. Da kann es schonmal passieren, dass ein Maserati oder Lamborghini in der Garage der Häfler Zöllner landet. „Der Schwerpunkt liegt aber beim Bargeldschmuggel“, sagt Ebe. Doch ein Blick in die Aservatenkammer der Zöllner beweist: Von Fahrzeugteilen mit gefälschten Markenlogos über Schildkrötenpanzer bis zum Krokodilschädel gehen dem Zoll immer wieder neue Fänge ins Netz. Stolz der Häfler Beamten ist ein gut zwei Meter langer und Dutzende Kilo schwerer Stoßzahn, der den Zöllnern einmal in Pfullendorf ins Netz ging. „Der Besitzer hat ihn einfach aus dem Fenster geworfen, als wir kamen“, erzählt Ebe. Geholfen hat es nicht.

Was der Zoll noch kann: Die drei Abteilungen des Häfler Zolls haben noch ein paar Helfer in der Hinterhand, wenn sie es einmal besonders genau wissen wollen. So können die Kontrolleure aus Ulm eine mobile Röntgenanlage anfordern, mit der ganze Sattelzüge komplett durchleuchtet werden. Daneben gibt es auch ein Zollboot für Kontrollen auf dem Bodensee.

Mehr Fotos aus der neuen Zollzentrale gibt es unter www.schwaebische.de/zollfn


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