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Frauen erobern Lenkräder der Busse und Brummis

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Friedrichshafen / sz - Frauen am Steuer – mancher Mann mag dabei Böses denken. Trotz der Vorurteile erobern aber immer mehr Frauen die einstigen Männerdomänen der Busfahrer und Brummi-Fahrer. Katrin Zunger und Nadine Stirius sind zwei Beispiele aus Friedrichshafen. Die beiden Frauen verbindet aber nicht nur die Leidenschaft für PS-starke Fahrzeuge.

Die heute 46-jährige Katrin Zunger hatte bereits in ihrer Kindheit einen Traum: "Ich wollte Busfahrerin werden." Ihr Vater habe schon diesen Beruf ergriffen, erzählt sie weiter. Doch nach ihrem Schulabschluss in der ehemaligen DDR war die Gesellschaft noch nicht soweit, dass Frauen am Steuer eines Busses sitzen durften. Zunächst lernte sie also Gärtnerin. Erst als sie 2006 arbeitslos wurde, nutzte Zunger die Chance: Sie machte den Omnibusführerschein der Klasse D und trat eine Stelle beim Südbrandenburger Nahverkehr an.

Seit 2012 steuert sie die Busse des Regionalverkehrs Alb-Bodensee (RAB). "Ich bin je nach Dienstplan im Stadtverkehr in Friedrichshafen oder im Umland unterwegs", erzählt Zunger. Überland mit Halt in Überlingen, Tettnang und Kressbronn, fährt sie übrigens lieber als die Häfler Stadtlinien. "Der Verkehr außerhalb der Stadt ist deutlich ruhiger", sagt sie. Verdutzte Blicke, weil eine Frau am Steuer sitzt, erntet sie kaum. "Die Fahrgäste haben sich daran gewöhnt", sagt die Mutter einer Tochter.

Fünf bis zehn Prozent Frauen

Dabei sind Busfahrerinnen noch immer rar gesät. Bei der RAB zum Beispiel sind nur fünf bis zehn Prozent der Busfahrer weiblich, erläutert Wilhelm Joos, Betriebsleiter der RAB-Niederlassung Friedrichshafen. "Hauptsächlich bewerben sich bei uns Männer." Dass der Beruf des Busfahrers von Männer dominiert wird, kommt vor allem aus der Zeit, als Busfahren noch ein Kraftakt war. "Ohne Servolenkung mussten sie ganz schön kurbeln", sagt Joos. Heute, dank Servolenkung und automatischer Schaltung, sei das Steuern eines Busses deutlich leichter geworden.

Einen kleinen Nachteil gegenüber ihren männlichen Kollegen hat Zunger allerdings: Wenn bei Männern die Blase allzu sehr drückt, können sie sich im Notfall am nächsten Baum erleichtern. "Das geht als Frau natürlich nicht so einfach", erzählt sie lachend. Aber das mit dem Toilettengang zur richtigen Zeit sei lediglich eine Lernsache. "Ich trinke einfach so, dass ich erst in der Pause aufs Klo muss", erläutert Zunger. Sie wünsche sich, dass mehr Frauen sich in ihrem Beruf bewerben: "Ich hätte gerne ein paar mehr Kolleginnen."

Auch beim männlich geprägten Berufsbild des "Brummi-Fahrers" tut sich etwas. Die 26-jährige Nadine Stirius macht seit zwei Jahren eine Ausbildung zur Berufskraftfahrerin beim Häfler Logistikunternehmen Kögl. Im Frühjahr 2015 hat sie die den Lkw-Führerschein bestanden, nächstes Jahr im Sommer ist sie mit ihrer Ausbildung fertig. Wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung schreibt, gebe es in Stirius Berufsschulklasse noch zwei weitere Frauen, die eine Ausbildung zur Bus- beziehungsweise Berufskraftfahrerin machen.

Mit 240 PS ist Nadine Stirius in Baden-Württemberg und Bayern unterwegs. Sie bringt Gasflaschen nach München, ins Allgäu oder nach Stuttgart. Zwischen acht und neun Stunden pro Tag ist sie dafür unterwegs – Staus, Umleitungen, Kontrollen und Pannen halten sie nicht selten auf.

"Kein Tag gleicht dem anderen. Gerade das macht es ja spannend", erzählt die junge Frau. Wie Katrin Zunger hat sich auch Nadine Stirius im Gartenbau versucht, bevor sie sich für den Beruf des Brummi-Fahrers entschieden hat. Und noch etwas haben die beiden Frauen gemeinsam. Nadine Stirius hat ebenfalls ihrer Heimat den Rücken gekehrt. Sie ist für ihren Traumberuf aus Bernstadt in Sachen nach Friedrichshafen gezogen.

Für die Logistikunternehmen werden Frauen immer mehr zur wichtigen Zielgruppe. Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hängen zwischen 25000 und 30000 Lastwagenfahrer ihren Job an den Nagel. Gleichzeitig kommen aber nur etwa 15000 Menschen nach. "Nachwuchs in diesem Bericht ist Mangelware", schreibt Kögl. Deshalb sei es ein Segen, dass Nadine Stirius auch nach ihrer Ausbildung für Logistikunternehmen weiter fahren möchte.


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