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Metadiskurs über den Umgang mit Krieg

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Friedrichshafen / sz - „Das Thema liegt nahe, ist derzeit fast schon inflationär“: Worte von Ausstellungs-Kurator Frank-Thorsten Moll mit Blick auf die neueste Ausstellung des Häfler Museums für Technik und Kunst: „Kunst und Krieg“. Was da von Donnerstag bis 4. Januar 2015 im Zeppelin Museum gezeigt wird, sind Reflexionen, wie Künstler den Krieg erlebt und zeichnerisch umgesetzt haben. Eines der bekanntesten Beispiele und Kern der Häfler Ausstellung ist Otto Dix’ Zyklus „Der Krieg“.

Wer die Ausstellung betritt, stößt auf Krieg. Unausweichlich. Schon am Eingang mit der ihn empfangenden Camouflage, drinnen mit dunkleren Erdtönen, natürlich inhaltlich. Frank-Thorsten Moll will mit den 120 Zeichnungen, Grafiken und Illustrationen „Einblicke und Ausblicke aus dem Krieg“ vermitteln. Eine historisch aufgearbeitete Ausstellung, so der Leiter der Kunstabteilung des Museums, sei der Metadiskurs über den künstlerischen Umgang mit Krieg allerdings nicht.

Neben unbekannteren Künstlern wie Otto Wirsching, Erich Gruner, Oskar Graf, Elfriede Thum und den Leihgaben des Häflers Armin Loch fokussiert die Ausstellung vor allem einen: Otto Dix. Genauer gesagt die komplette Mappe des Zyklus „Der Krieg“. Den Zyklus gab es damals in einer Auflage von 70 Stück, als komplettes Werk ist es nur noch im Archiv des Zeppelin Museums zu finden. Mit der Ausstellung will Moll mehrerlei zeigen. Zunächst, „dass wir es sind, die die Mappe noch komplett haben“. Aber auch, dass Otto Dix ein „ätzender Realist“ war. Im positiven wie negativen Sinn.

Für Frank-Thorsten Moll keine Frage: „Dix war einer der bekanntesten Künstler seiner Zeit, die sich in ätzend-realistischer Weise mit Krieg auseinandergesetzt haben.“. Der Künstler sei aus unbändiger Neugier in den Krieg gezogen. An der Front, inmitten des Grauens und des Todes, sind rund 600 Skizzen entstanden. Die fünf Bücher und 50 Werke umfassende Dix-Mappe selbst datiert aber aus den Jahren 1923/24. Von Kriegsverherrlichung keine Spur, der rückschauende Blick will vielmehr sagen, „schaut her, so etwas wollen wir nicht mehr erleben.“ Die Mappe, sie zeigt zerschossene Körper, rauchende Ruinen, sterbende Menschen, deutsche Soldaten mehr in der Niederlage denn in ihrer Heldenhaftigkeit. Deshalb ist das Mappenwerk bei den Nazis in Ungnade gefallen, war Otto Dix selbst die Nummer eins der entarteten Künstler. Wohl aber auch deshalb, weil die Friedenspropaganda der Nachkriegsjahre ganz besonders auch auf die abschreckenden Bilder des Dixschen Zyklus setzte.

Die Ausstellung zeichnet ein Bild dieser Zeit. Rein äußerlich kommt sie vorwiegend in Schwarz-Weiß daher - was sie inhaltlich aber nicht ist. Da werden Sehnsüchte und Wünsche, aber auch die Traumatisierung der Kriegsteilnehmer transparent. Einschließlich der kriegsteilnehmenden Künstler.

Unzählige von ihnen waren zum Teil mit den utopischsten Erwartungen und voller Freude in den damals als „unausweichlich erachteten“ Krieg gezogen. Sie teilten die Erfahrungen mit den anderen Soldaten und verarbeiteten ihre Erlebnisse im Folgenden häufig mit Kunstwerken. Der gesellschaftliche wie soldatische Sinneswandel in den Kriegsjahren Anfang des 20. Jahrhunderts zieht sich als weitere rote Faden durch die Ausstellung: Am Anfang stand viel Euphorie. Sie wich mehr und mehr totaler Niedergeschlagenheit, Desillusionierung eben. Auch Otto Dix hat diesen Erkenntnisweg gehen müssen.

„Vertrickfilmtes“ Mappenwerk

Um die Wechselwirkung zwischen Kunst und angewandten Bildwelten zu verdeutlichen, zeigt „Kunst und Krieg“ auch eine Auswahl von Plakaten, Werbung, Postkarten und Propagandamaterialien. Schließlich und endlich stößt der Besucher auf eine filmische Arbeit von Jael Bartana. Die Israelin hat das Dixsche Mappenwerk „vertrickfilmt“.

Zu den schrecklichen Bildern des Krieges kommen da noch die ins Mark gehende Geräusche. Rasselnde Panzerketten, Detonationen, Schreie.

Die Ausstellung wird am Donnerstag um 19 Uhr eröffnet. Jürgen Bleibler, Leiter der Zeppelinabteilung, übernimmt die Begrüßung. Frank-Thorsten Moll (Leiter der Kunstabteilung“) führt in „Kunst und Krieg“ ein.


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