Friedrichshafen / sz - Braucht Baden-Württemberg ein neues Jagdgesetz? Die Jäger sagen „Nein“. Schützenhilfe erhalten sie jetzt aus dem Häfler Rathaus. OB Andreas Brand nimmt die geplante Jagdrechtsnovelle in einer Pressemitteilung unter Beschuss und sieht durch die Änderungen eine Vielzahl neuer Aufgaben und mehr Bürokratie auf die Kommunen und Kreise zukommen. Ganz anders sehen das Natur- und Tierschützer.
Feldhase, Baummarder und Schnatterente dürften frohlocken. Wenn sie demnächst durchs Unterholz hoppeln, wuseln oder watscheln und ihnen ein Waldhorn entgegenschmettert, können sie wohl ganz entspannt bleiben. Denn der Jäger, pardon, der „Wildtiermanager“, darf nicht mehr einfach so auf sie anlegen, wenn der Hochsitz der Politik, der Stuttgarter Landtag also, das mittlerweile fast 20 Jahre alte Landesjagdrecht novelliert.
Vor dem „Showdown“ im Parlament machen beide Seiten mobil. Das Gesetz ist ohnehin längst zu einem Politikum geworden. Naturschützer warnen die grün-rote Landesregierung vor weiteren Korrekturen. So mahnte NABU-Landeschef André Baumann jüngst etwa: „Es darf keinen Schritt zurück geben.“ Auch Vertreter des BUND und des Deutschen Tierschutzbunds sind sich darin einig, dass man aus Tierschutzsicht keine weiteren Abstriche an dem Gesetz mehr machen könne.
Kritische Häfler Töne
Und auch die Gegner blasen noch einmal zum großen „Halali“: Der Häfler OB schreibt in einer Pressemitteilung: „Die vom Land geplante Novelle des Jagdgesetzes entwickelt sich nicht nur zum Regulierungswahnsinn für betroffene Jagdpächter, sie greift auch unangemessen in die kommunale Selbstverwaltung ein, weil weitere teure bürokratische Aufgaben den Kommunen und Landkreisen aufgebürdet werden.“
Die kritischen Töne aus Friedrichshafen dürften Musik in den Ohren so manchen Jägers sein. Denn die fühlen sich schlicht übergangen und wollen auch künftig eigenverantwortlich handeln. „Jäger sind ausgebildete Naturschützer“, sagt etwa Oskar Müller, stellvertretender Kreisjägermeister aus Bermatingen. Doch durch die geplante Gesetzesänderung werde man „zum Handlungsgehilfen degradiert“. Die Folgen: „Reviere werden schwer zu verpachten sein, die Pachtpreise fallen, die Bereitschaft der Jäger, Dinge ohne Bezahlung zu leisten, wird geringer werden“, so Müllers Prognose.
Brand fürchtet höhere Kosten
Auch OB Brand stößt ins gleiche Horn: „Wenn das Kreisjagdamt als Kollegialorgan abgeschafft, die untere Jagdbehörde den Landratsämtern zugeordnet und ein hauptamtlicher Wildtierbeauftragter in den Landkreisen eingeführt wird, stellt das die seit Jahrzehnten bewährte Eigenverantwortung der Jagdausübungsberechtigten infrage.“ Brand fürchtet, dass der schnelle, direkte Austausch zwischen Jägern, Landwirten und Förstern auf kommunaler Ebene und somit letztlich die Hege und Pflege der Kulturlandschaft leiden könnte. Die Pacht einer Jagd in sensiblen Raumschaften wie dem Bodensee werde immer unattraktiver. Kämen nun noch elementare Einschränkungen wie die Begrenzung der Jagdzeit, bestimmte Jagdmethoden oder Fütterungsverbote hinzu, würden gerade junge Jäger von einem Engagement absehen, so Brand. Das Risiko von Wildschäden und Wildkrankheiten in Landwirtschaft, Forst und siedlungsnahen Gebieten könnte überhand nehmen. „Hier scheinen mir die Konsequenzen des Entwurfs nicht zu Ende gedacht“, so der OB weiter. Die Kommunen blieben letztlich auf den Problemen sitzen. Sein Fazit: „Es ist widersinnig, bisherige Kompetenzen der Jagd nun den amtlichen Naturschutzbehörden zuzuordnen.“ Dadurch erziele man mehr Bürokratie, höhere Kosten und längere Entscheidungswege. „Ich fürchte, dass die sensible und bislang funktionierende Balance aus Wild, Wald und Natur zerschlagen wird“.
Andreas Brands Appell gen Stuttgart: „Es ist sinnvoll, auf die zu hören, die Ahnung von der Praxis vor Ort haben.“