Nichts für schwache Nerven ist der WM-Finalkrimi am gestrigen Sonntagabend gewesen – mit einem Happy End, das es in sich hatte: Als Mario Götze acht Minuten vor Ende der Partie in Rio de Janeiro zum 1:0 traf, schossen die ersten Raketen in den Häfler Nachthimmel. Um 23.34 Uhr war das Spiel zu Ende – und die Partymeile überall in Friedrichshafen eröffnet.
Gemütlich ging es noch zu Beginn des Spiels zu: Punkt 21 Uhr wird in der Altstadtkneipe Pier 40 der Anpfiff des Showdowns mit lautstarkem Klatschen auf den Tresentischen quittiert, eine Fahrradtrip durch die Nordstadt zur ZF Arena bestätigt den Anfangsverdacht des Chronisten: Mehr Taxis als Privatfahrzeuge schleichen durch die leer gefegten Straßen.
Brechend voll ist der Häfler Volleyballtempel an diesem Abend, lange Schlange vor der Damentoilette: 4000 Zuschauer säumen beidseits der Doppelleinwand die beiden Zuschauerränge und das Arena-Foyer, viele mussten vor Spielbeginn von den Security-Kräften am Eingang abgewiesen werden. Urplötzlich dann Schockstarre nach einer knappen halben Stunde: Der Ball zappelt im Netz von Manuel Neuer, die Abseitsentscheidung reisst die zumeist jugendlichen Besucher von den Sitzen.
„Auf geht's, Deutschland, kämpfen und siegen“, skandieren die Fans nach der Halbzeitpause auch beim Public Viewing im Lammgarten und Beach Club. Geradezu weltmeisterlich fließt hier das Bier in Strömen. Je länger die Partie dauert, desto ungehaltener gibt sich die versammelte Fanmeile an der Uferpromenade. Erinnerungen an 1990 werden bei den älteren Zeitgenossen wach: Gelingt der DFB-Elf, wie 1990 unter Franz Beckenbauer, der Siegtreffer in den Schlussminuten?
Er gelingt, doch diesmal dauert es länger als gedacht. Zunächst verlässt Miroslav Klose nach dem Shakehand mit dem Schiedsrichter den Platz. „Es läuft alles auf Verlängerung hinaus", prophezeit der TV-Kommentator. Dann dauert es immer noch eine halbe Stunde, so lange müssen sich alle Fußballbegeisterten gedulden, bis Mario Götze zum erlösenden 1:0 für Deutschland trifft. Wenig später ist dann Schluss, und die Party eröffnet: Jubel, Raketen und Gewitterdonner, ein weltmeisterlicher Autokorso – völlig durchnässt feiern die Fans auf den Straßen und der Uferpromenade den gewonnenen vierte Stern.