Friedrichshafen / sz - Die Lage im Bereich der Unterbringung von Flüchtlingen spannt sich zusehends an. Das hat der Landrat am Dienstag im Ausschuss für Soziales und Gesundheit des Kreistags deutlich gemacht. "Wir wissen nicht mehr, wo wir die Menschen unterbringen sollen", sagte Lothar Wölfle.
Weil auf der einen Seite die Zuweisungen des Landes steigen, auf der anderen Seite aber auch die Widerspruchsverfahren gegen geplante Gemeinschaftsunterkünfte zunehmen, sei der Plan B mittlerweile aus der Schublade auf den Schreibtisch gewandert. Was das konkret heißt, sagte er nicht. Tatsache ist: Die Pläne für neue Unterkünfte bleiben hinter den Anforderungen zurück. "Wir haben mit zunehmendem Widerstand der Bevölkerung zu kämpfen," sagte Wölfe.
Fakt ist: Das Thema Flüchtlinge gewinnt im tagtäglichen Geschäft der Kreisverwaltung an Bedeutung. Sozialamt, Recht- und Ordnungsamt, Liegenschaftsamt, Ausländeramt und viel mehr sind eingebunden. Für den Bereich Asyl werden auf Beschluss des Kreistags jetzt 14,5 neue Stellen geschaffen. Weil sich die Aufgaben überschneiden und der Koordinationsaufwand wächst, wurde jetzt innerhalb des Sozialamtes das Sachgebiet "Migration" gebildet. Leiter ist der bisherige Integrationsbeauftragte Yalcin Bayraktar.
Er berichtete im Ausschuss von der aktuellen Entwicklung. Die Zuweisungen aus den Landeserstaufnahmestellen seien im Juli sprunghaft angestiegen. Während in den ersten sechs Monaten durchschnittlich 90 Personen in den Bodenseekreis kamen, sind es im laufenden Monat 143 Personen. Stand 10. Juli waren in den acht Ausweichunterkünften und 17 Gemeinschaftsunterkünften 653 Menschen untergebracht. Die Hälfte von ihnen ist unter 25 Jahre alt. 40 Prozent stammen aus Ländern des Balkan. Genau darin sehen der Landrat und der neue Sachgebietsleiter das Problem. Für diese Personen, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten kommen, sei das Asyl der vollkommen falsche Weg. Das hätten die Politiker zwar erkannt, doch mit der Rückführung klappt es nicht - auch nicht unter vereinfachten Bedingungen. "Wir brauchen endlich vernünftige Regeln für die Zuwanderung", so Wölfle. Denn nichts anderes sei die Flucht dieser Menschen aus Serbien, Mazedonien, dem Kosovo oder anderen Ländern. Sie geschehe nicht wegen politischer Verfolgung, sondern aus wirtschaftlicher Not und Perspektivlosigkeit. Das habe es immer schon gegeben, und jeder kenne Bürger, die nach dem Krieg hierher geflüchtet seien. Er verstehe zwar jeden, dem unwohl wird, wenn Unbekanntes auf ihn zukomme. Aber wenn der Bodenseekreis mit seinen mehr als 200000 Einwohnern 1000 Flüchtlinge aufnimmt, geht die Welt nicht unter. In Kressbronn gibt es schon lange eine Gemeinschaftsunterkunft, ohne dass die Gemeinde Schaden genommen hätte, warum nicht auch in Owingen, Tettnang, Friedrichshafen oder anderen, fragte der Landrat. "Wir sollten hier Verantwortung übernehmen und uns an unser christliches Menschenbild erinnern."