Friedrichshafen / sz - Nach dem Aus für Architekt Wolfgang Kergaßner war es lange ziemlich ruhig auf der Baustelle des ZF Forums. Jetzt hat der Konzern verlautbart, wie es mit der neuen Zentrale weitergeht: Im Juni 2016 soll das Gebäude bezogen werden. Die Baukosten sind laut ZF um 15 Prozent gestiegen und liegen jetzt bei 92 Millionen Euro. Zwischen Forum und Werk 1 soll ein Parkhaus mit 900 Stellplätzen entstehen.
Zunächst war ein Parkplatz für 600 Autos auf dem ehemaligen Güterbahnhofareal geplant. Jetzt soll es ein Parkhaus werden, das nicht nur ZFlern zur Verfügung steht, die in der Zentrale arbeiten, sondern auch Besuchern und Mitarbeitern aus dem Werk 1. Dies werde die Parkplatzsituation entzerren, selbst wenn an Arbeitstagen eine größere Gästezahl im ZF Forum erwartet wird, etwa bei Tagungen, sagt Mario Heusinger, Leiter Werktechnik und Instandhaltung bei ZF, laut einer Pressemitteilung. Der Vorstand habe deshalb beschlossen, im Herbst einen Bauantrag einzureichen. Das Parkhaus soll bis Mitte 2016 fertiggestellt sein. Bau und Finanzierung werde über einen Investor erfolgen, so ZF. Die nötige Ausschreibung sei in Vorbereitung.
Auch wenn es von außen oft nicht so aussieht: Die Arbeiten am ZF Forum laufen laut Konzern "nach der Neuorganisation der Projektverantwortung mit großem Einsatz" weiter. Die Arbeiten an der Fassade seien fast abgeschlossen, 40 Handwerker mit dem Innenausbau beschäftigt.
Neue Generalplaner
Ende April hatte ZF die Zusammenarbeit mit dem Architekten des Forums, Wolfgang Kergaßner, beendet und das Ingenieurbüro BHM aus Feldkirch mit der Projektsteuerung beauftragt. BHM musste sich "zuerst einen Gesamtüberblick über den Stand der Arbeiten verschaffen", sagt Heusinger. Während dieser Zeit sei der Umfang der Arbeiten zurückgefahren worden. "An den meisten Stellen laufen Planungen und Bauarbeiten ab August wieder in vollem Umfang", betont Heusinger. Der Wechsel des Planers habe dazu geführt, dass der geplante Eröffungstermin Ende 2015 nicht zu halten war.
Längere Bauzeit, gestiegene Materialpreise und die – gegenüber der ersten Planung – Schaffung von Räumen für externe Partner wie die Wissenswerkstatt haben Folgen für die Kosten des Projekts. ZF geht laut Pressemitteilung davon aus, dass die Gesamtkosten für das Forum 15 Prozent über der ursprünglich veranschlagten Summe von 80 Millionen Euro liegen. Dies wären rund 92 Millionen Euro. Im Juni 2016 sollen 700 Mitarbeiter das Forum beziehen.
Klassische Büros werden viele von ihnen vergeblich suchen. Denn die Arbeitsplätze im ZF Forum werden nach dem "Bürokonzept 3.0" gestaltet, das ZF mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart erarbeitet. Dafür wurden Mitarbeiter befragt, wie sie zum Beispiel Rechner, Telefone oder Besprechungsräume nutzen. Ziel: den Wunsch vieler ZFler aufgreifen, die ihre "Arbeit individueller gestalten wollen", sagt Robert Omagbemi, Leiter Personalgrundsatzfragen bei ZF.
Testlauf für "Bürokonzept 3.0"
Flexible Belegung der Arbeitsflächen soll dabei helfen, dass Teams auch spontan und für kurze Zeit unkompliziert zusammenarbeiten können. Dies erleichtere den Informationsaustausch und die effizientere Nutzung der Arbeitsplätze, so ZF. "Ist ein Mitarbeiter auf Dienstreise, kann ein anderer während dieser Zeit an dessen Schreibtisch arbeiten", erklärt Omagbemi das Konzept. "Ebenso wird es möglich, dass sich kleine Gruppen für kurze Besprechungen ohne großen Aufwand in eigens dafür eingerichtete Besprechungsinseln zurückziehen."
Auch der Betriebsrat trägt das "Bürokonzept 3.0" mit. Demnächst soll es in einer Art Pilotbetrieb im Werk 2 getestet werden.
Vorschlag der Architektenkammer: Weitere Bahnquerung
Mit einem städtebaulichen Vorschlag hat sich der Meckenbeurer Architekt Markus Müller in Sachen ZF Forum zu Wort gemeldet. Sein Anliegen: Stadt und Konzern mögen noch mal nachdenken, ob nicht eine zusätzliche Querung der Bahnlinie zwischen Löwenunterführung und Aistegstraße zu machen sei. Über das Thema war schon bei der Diskussion des Bebauungsplans für das Forum kontrovers diskutiert worden. ZF hatte unter anderem argumentiert, dass ein solcher Weg für Radler und Fußgänger durchs Werksgelände laufen müsse und deshalb Sicherheitsfragen aufwerfe.
Müller, der auch Präsident der Architektenkammer Baden-Württembergs ist, hält dagegen, dass das geplante, halböffentliche Parkhaus neben dem Forum ja offenbar auch kein Sicherheitsrisiko sei. Weil der geplante Einzugstermin noch im Jahr der 100-Jahr-Feier vom Tisch ist und zudem der benachbarte Karl-Olga-Park neu überdacht wird, könne man jetzt noch einmal in Ruhe über die Idee der Bahnquerung nachdenken. Das Ende der Zusammenarbeit ZF/Kergaßner will Müller nicht kommentieren. Er erinnerte allerdings daran, dass die Architektenkammer für einen offenen Wettbewerb für das ZF Forum geworben habe.
ZF teilt auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung mit, dass man "bezüglich der Querung unseres Grundstücks" weiter zu den Regelungen des Bebauungsplans stehe und "keine veränderte Situation durch den Planungsstopp beim KOP" erkenne. Auch Baubürgermeister Stefan Köhler ist skeptisch. Es sei zwar richtig, dass es an der Stelle lange keine Querung gebe. Man müsse aber auch bedenken, dass eine solche Unterführung an beiden Ende ins Leere laufe. Es sei sinnvoller, sich beim Thema Stadtentwicklung auf die wichtigen Punkte zu konzentrieren. Als Beispiele nennt Köhler den Wohnungsbau, den Ausbau der Fahrradwege und die Beruhigung der Friedrichstraße.