Friedrichshafen / sz - Seit 100 Jahren arbeiten bei ZF Friedrichshafen Ingenieure an der Entwicklung von Technologien, die heute beinahe alle Bereiche des Automobils bedienen – mit Ausnahme der Verbrennungsmotoren, der Karosserie und des Interieurs. Am Beispiel einiger Komponenten aus dem Nutzfahrzeug lässt sich zeigen, wie sich die technologischen Innovationen des Häfler Automobilzulieferers auf Umwelt, Wirtschaftlichkeit und Sicherheit im Straßenverkehr auswirken.
Der Intarder
Eines der zahlreichen Systeme, die zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit beitragen, ist der ZF-Intarder, eine Strömungsbremse. Er ist am Lkw-Getriebe angebaut und versetzt den Fahrer in die Lage, teils ganz ohne Betriebsbremsen die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu drosseln. Das geht so weit, dass ein Stadtbus auf einer ebenen Strecke ohne Bremse zum Stillstand kommen kann.
Der Intarder versetzt in seinem Gehäuse Öl in eine Rotationsbewegung. Durch das Zusammenspiel sich drehender Kammern kann dieses Öl dazu genutzt werden, die Antriebswelle des Getriebes, die mit dem Intarder verbunden ist, abzubremsen. Im aktuellen Sonderheft "lastauto & omnibus – Test, Technik, Trends", das sich dem Thema "100 Jahre ZF" widmet, wird der Intarder ausführlich beschrieben. "Maximal eine Sekunde dauert es beim ZF-Intarder der aktuellen dritten Generation, bis seine stattlichen 4000 Nm Bremsmoment dauerhaft parat stehen. Umgerechnet in Bremsleistung sind das 600 kW oder 816 Brems-PS, die bei Bergabfahrt als maximale Verzögerungsleistung verschleißfrei in die Speichen greifen können", schreibt Michael Kern in dem Fachmagazin. Das führt auch dazu, dass die Bremsbeläge geschont werden können. Ein Effekt, der sich beim Spediteur deutlich auf den Geldbeutel auswirkt, weil der Wechsel der Bremsbeläge beim Lkw schon mal ein paar Tausend Euro kosten kann.
Fahren mit GPS
Das Lkw-Getriebesystem AS Tronic – Anfang des Jahres lief das einmillionste Exemplar vom Band – erhielt zum wiederholten Mal von den Lesern des etm-Verlages die renommierte Auszeichnung "Beste Marke" in der Kategorie der Nutzfahrzeuggetriebe. Der Nachfolger steht mit dem neuen Traxon bereits in den Startlöchern. Es bietet in Modulbauweise Erweiterungsmöglichkeiten durch ein GPS-Modul und den bereits erwähnten Intarder sowie beispielsweise durch eine Doppelkupplung oder ein Hybridmodul. Allein das GPS-Modul kann durch Einbeziehung von digitalem Kartenmaterial für eine deutlich wirtschaftlichere Fahrweise sorgen.
Es vermeidet unnötige Schaltungen und schaltet bei Berg- und Talfahrten der schweren Fahrzeuge intelligent, weil es bereits vor dem Fahrer weiß, ob die vorausliegende Strecke bergauf oder bergab gehen wird. In Verbindung mit dem automatisierten Getriebe mit 12 oder 16 Gängen kann sich der Fahrer auf Gas- und Bremspedal sowie die eigentliche Fahrt konzentrieren.
Ferngesteuerte Lastwagen
Noch ist es Zukunftsmusik, die Technik aber funktioniert bereits: Die Voraussetzungen für einen Lkw, der mit einem handelsüblichen Tablet gesteuert werden kann, gibt es bei der ZF Friedrichshafen AG bereits. Der Fahrer bringt den Lkw-Zug zum Lager und übergibt ein Tablet. Vor Ort wird der Lastwagen, der mit Kameras und Sensoren ausgestattet ist, von einem ganz anderen Mitarbeiter gesteuert, so dass der Fahrer seine Pausenzeiten nehmen kann. Damit ist ein langer Zug nicht nur mit einfachen Fingerwischbewegungen millimetergenau an eine Rampe zu bringen. Die Speditionen sind zudem in der Lage, ihre Fahrten weitaus wirtschaftlicher planen zu können.
Openmatics
Während der Rangierfahrten wird der Lkw von einem Elektromotor bewegt. Verantwortlich dafür ist das Traxon-Hybrid-Getriebe, in dessen Gehäuse ein leistungsstarker Elektromotor steckt.
Die Vernetzung des Lkw-Betriebes beginnt an dieser Stelle jedoch erst. Über eine Telematik-Plattform kann mittels ZF-Technik jeder Detailwert eines Fahrzeugs während der Fahrt auch von der Spedition abgerufen werden, die geladene Ware und ihre Wege sind nachverfolgbar und in den Fahrzeugen selbst ist ein Anschluss an die Internet-Welt möglich. "Auch könnten damit Busunternehmer ihren Fahrgästen sogar via WLan Filme zeigen", beschreibt der ZF-Technik-Pressesprecher Frank Discher nur eine Möglichkeit, die die Telematik-Vernetzung mit sich bringt.
Bisher erschienene Serienteile finden Sie unter
www.schwaebische.de/100jahrezf