Friedrichshafen / sz - Kann ein Fahrrad fliegen? Wie sieht die Fabrik von morgen aus? Und was passiert hinter den Türen der Technologiekonzerne und Firmen in Friedrichshafen wirklich? Antworten auf diese Fragen haben sich Freitagnacht wieder Tausende Besucher bei der vierten "Langen Nacht der Technik und Innovation" geholt.
Mehr als 18 Unternehmen, Hochschulen, Verbände und mehr haben sich am Freitag von 17 bis 23 Uhr ins Zeug gelegt und mit allerhand Mitmachaktionen, Vorführungen und mehr die Werbetrommel für technische Berufe gedreht. Per Shuttlebus ging es kreuz und quer durch die Stadt, um an acht Haltestellen auszusteigen und Technikluft vor Ort in Werkstätten, Laboren und Betrieben zu schnuppern.
In den Betrieben, die zum Schnuppern einluden, tummelten sich schon früh am Abend viele Familien, Frauen und Mädchen, Jungs und Männer. So war etwa auf dem MTU/Rolls-Royce-Gelände schon um 17 Uhr einiges los. Stolz führten die Mitarbeiter und Azubis den Neugierigen ihre Tätigkeitsbereiche vor. Die lernten zum Beispiel, wie eine elektronische Motorsteuerung funktioniert.
Christine Steck aus Friedrichshafen war mir ihrem Sohn und ihrem Ehemann zum zweiten Mal bei der Techniknacht zu Besuch und stattete der Werkstatt der Dualen Hochschule DHBW in Friedrichshafen einen Besuch ab. Technikbegeistert sei die ganze Familie, sagte sie: "Aufmerksam geworden sind wir durch unsere Tochter. Sie ist Schülerin am Karl-Maybach-Gymnasium, das hier auf dem DHBW-Gelände einen Stand hat." Ob die Stecks wirklich alle Stationen der Techniknacht abklappern würden, war Ihnen so früh am Abend noch nicht klar – denn trotz Shuttlebussen war das gesamte Angebot an Informationen und Aktionen schier unüberschaubar.
Peter Unger aus Immenstaad war etwas später als die Stecks an den Fallenbrunnen gekommen, um sich über Pedelecs, Fahrräder mit Elektromotor, zu informieren.
Modellzeppi, bitte landen
Doch auch die übrigen Stände und Orte faszinierten ihn: "Dort hinten haben Schüler selbst fahrende Autos gebaut", sagte er begeistert während auf dem DHBW-Gelände ein Modellzeppelin wieder aus der Luft geholt werden musste – da sich kurz nach Beginn der langen Nacht der Technik ein kleines Unwetter anbahnte.
Die meisten Besucher hat das offenbar nicht gestört. Kurz nach 22 Uhr meldete Simone Laudon, Projektleiterin der Techniknacht, direkt aus dem Shuttlebus: "Wir haben mit 3000 Besuchern gerechnet. Jetzt gehen wir eher von 4000 Menschen aus. Die sind alle ganz angetan."
Wie und warum es Veranstaltungen wie die "Lange Nacht der Technik und Innovation" braucht, das wurde übrigens schon im Vorfeld der Techniknacht bei einer Auftaktveranstaltung mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik deutlich. Mit Blick auf den diesjährigen Schwerpunkt der Techniknacht – das Handwerk – sagte Oberbürgermeister Andreas Brand zur Firmenlandschaft der Stadt: "Ja, Friedrichshafen hat Großindustrie. Aber wir haben in gleichem Maße grundsolides und bodenständiges Handwerk."
In einer Podiumsdiskussion gingen kurz darauf vier Ausbildungsexperten unter der Moderation von SZ-Redaktionsleiter Martin Hennings der Frage nach, wie junge Menschen für technische Berufe begeistert werden können.
Hängen blieb dabei unter anderem der Apell von Robert Vöhringer, Leiter der Wissenswerkstatt Friedrichshafen, dass Eltern wieder Vorbilder in Sachen Technik werden müssten und sich Zeit nehmen sollten, mit ihren Kindern zu werkeln und zu basteln: "Flicken Sie den Fahrradschlauch mal wieder selber – statt einen neuen zu kaufen", forderte er.
Herbert Dreher, Rektor der Dualen Hochschule Ravensburg, bezeichnete daneben das deutsche System der dualen Ausbildung als vorbildhaft: "China will das duale Modell auch einführen", sagte er stolz.