Friedrichshafen / sz - Zehn Jahre ist es her, dass der Bodenseekreis als einer von 69 zugelassenen kommunalen Trägern für die Betreuung der sogenannten Hartz IV-Empfänger das Jobcenter aufgebaut hat und damit in direkte Konkurrenz zur Agentur für Arbeit tritt. Mittlerweile arbeitet dort ein effektives Netzwerk im Landratsamt.
Das Geheimnis ist die Struktur, mit der das Jobcenter aufgebaut ist. Der arbeitssuchende Langzeitarbeitslose wird nicht zur Nummer, sondern bekommt binnen 48 Stunden nach Meldung ein Angebot – sei es eine Hilfe, eine Weiterbildung oder den Hinweis eines Qualifikationsprogramms, an dem teilzunehmen viele Menschen bereits mit einem neuen Job belohnt bekamen. "Es war ein schwieriger Start", erinnert sich Landrat Lothar Wölfle, der die zehn zurückliegenden Jahre mit den Mitarbeitern des Jobcenters feiern wird.
Zunächst waren es befristet angestellte Mitarbeiter, die beim Jobcenter arbeiteten. Schnell aber hat man im Landratsamt gemerkt, dass sich der Erfolg erst einstellt, wenn die Mitarbeiter unbefristet tätig sind. Bei 93 Menschen, die für das Jobcenter arbeiten, war das angesichts der Befristung der Maßnahme bis 2010 ein Risiko für den Landkreis. Das änderte sich schlagartig 2011, als der Bundestag das Grundgesetz änderte und die Jobcenter unbefristet weiter machen konnten. Eine weitere Besonderheit liegt in der strukturierten Zusammenarbeit der Dienststellen. Der Sozialdezernent des Kreises, Andreas Köster, nennt den Erfolgstrick: "Wir haben Zielgruppen definiert." Die Mitarbeiter arbeiten also nicht für den jugendlichen Langzeitarbeitslosen gleichermaßen wie für den Senioren, sondern widmen sich einer zugewiesenen Zielgruppe. Ferner arbeiten beim Jobcenter alle Abteilungen des Sozialdezernates zusammen.
So kann wenn nötig die Suchthilfe schnell eingreifen, die Schuldnerberatung steht parat und kann helfen, ohne den Betroffenen von Pontius nach Pilatus schicken zu müssen.
Und zu alledem leistet das Jobcenter noch Präventionsarbeit, damit Langzeitarbeitslosigkeit möglichst verhindert werden kann. Sprachförderung in Kindergärten, die Zusammenarbeit mit Vereinen sowie die früh ansetzenden Hilfen des Sozialdezernates und die direkte Zusammenarbeit mit den Gemeindepsychiatrischen Zentren sind einige Beispiele.
Zehn Jahre schlagen sich in den Zahlen nieder. So ist die Zahl der Hartz IV-Empfänger unter 25 Jahren in den vergangenen zehn Jahren um 88 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger gesamt ist um 53 Prozent geschrumpft. Lesen Sie dazu auch den untenstehende Information.
Die Geschichte und die Statistik
1. Januar 2005: Das Jobcenter wird gegründet. Sie arbeiten mit den Arbeitsagenturen in Arbeitsgemeinschaften (ARGE) zusammen. In 69 Stadt- und Landkreisen sind deutschlandweit Jobcenter aufgebaut, die für die Umsetzung der "Grundsicherung für Arbeitssuchende nach Hartz IV" verantwortlich sind.
Die Einrichtung ist befristet bis 31. Dezember 2010.
1. Januar 2011: Bestehende 69 Optionskommunen, die Jobcenter unterhalten, können unbefristet weiterarbeiten
1. Januar 2012: Weitere 41 Jobcenter werden genehmigt, weit Bewerbungen lagen vor.
Statistik (in Klammern die Zahlen von 2005 und die Entwicklung in Prozent):
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte 3415 (4395, -22 Prozent)
Bedarfsgemeinschaften 2753 (3467, -21 Prozent)
Arbeitslosgemeldete Hartz IV-Empfänger gesamt 1305 (2777, -53 Prozent)
Arbeitslosgemeldete Hartz IV-Empfänger gesamt unter 25 Jahren 33(285, -88 Prozent)
Arbeitslosenquote Bodenseekreis gesamt 3,2 Prozent (5,6 Prozent, -2,4 Prozent)
Arbeitslosenquote bei den Hartz IV-Empfängern 1,1 Prozent (2,7 Prozent, -1,6 Prozent). (jh)