Friedrichshafen / sz - Das gab es noch nie in der Geschichte des Musiktheaters: bei der Premiere am 22. März im Graf-Zeppelin-Haus "Standing Ovations", und auch die nachfolgenden Vorstellungen sorgten für begeisterte Zuschauer, resümiert das Musiktheater Friedrichshafen nach den vier Aufführungen.
Das Geheiminis des Erfolgs hat viele Facetten: Da sind zum Beispiel die Männer mit Bärten. Sie waren ein Erfolgsrezept, Rundfunk und Fernsehen nahmen diese zum Anlass, über das Anatevka-Musical zu berichten, sahen sie doch ähnlich aus wie Mitwirkende der Oberammergauer Passionsspiele.
Die Vorarbeiten zu der Aufführung trugen ebenfalls entscheidend zum Erfolg bei. Etwa die Arbeit einer Kostümbildnerin, die unglaubliche 90 Kostüme entwarf, die in allen Nuancen den historischen Gegebenheiten der Jahrhundertwende um 1900 entsprachen. Das stimmige Bild der Dorfgemeinschaft Anatevka ist Diana Leist-Keller geschuldet, die unermüdlich vor und während der Aufführungen die Kostüme nähte,ausbesserte, änderte.
Ein Bühnenbild, nach Ideen von Regisseur Robert Spitz, zusammengezimmert von Stefan Münich in Hamburg, erzeugte beeindruckende Schattenwirkungen auf der Drehbühne und ließ viele Möglichkeiten für die verschiedenen Bilder zu.
Eine Solisten-Crew, die ihre Rollen lebte: Tobias Pfülb, der mit beeindruckendem Bass und großartiger Bühnenpräsenz Szenenapplaus geradezu herausforderte. Michaela Mehring als Golde, deren Darstellungskunst in allen Szenen nuancenreich begeisterte. Maria Helgath, Stephanie Marin und Alexa Vogel, die in ihren Rollen als aufbegehrende Töchter so überzeugend, waren , dass sie das Publikum emotional mitnahmen. Annette Lubosch in der Doppelrolla als Heiratsvermittlerin und Fruma Sarah war ebenfalls ideal besetzt.
Sören Richter als armer Schneider und Manfred Plomer als engagierter Volkskämpfer waren in ihren Rollen stimmlich wie schauspielerisch mitreißend, was an der Resonanz der Zuschauer hörbar wurde. Adam Sanchez, der in seiner Doppelrolle in einem unglaublichen Einzelauftritt so klangvoll tönte, dass er als Tenor mit einem vielversprechenden Stimmpotential in Erinnerung bleibt .
Karlotta Hassler als Sprintze und Jule Scherzinger als Bielke, Töchter von Tevje, gaben den Szenen lokales Kolorit, sind sie doch im Kinderchor St. Columban und als vollwertige "Nachwuchs" – Schauspielerinnen beliebt bei Publikum und im Musical-Team.
Laien spielen professionell
Die Leistungen der Laien-Chöre des Musiktheaters und des jungen Chors St. Columban verdienen ebenfalls größten Respekt. Ein großer Teil ist berufstätig und opfert viel Freizeit für unzählige Proben. Das Ergebnis kann sich mit professionellen Klangkörpern messen. Die Chor-"Gewalt" in ihren Rollen als Dorfbewohner sorgte für musikalischen Ohrgenuß, unterstützt durch ein Orchester, das ebenfalls aus Laien zusammengesetzt war und sich unter der Leitung von Jürgen Jakob hervorragend in das Musical einspielte. Eine ganz besondere Rolle nimmt Rebekka Nollert mit ihrer Violine ein: ihre Rolle als Fiedlerin in dem Musical forderte viele Solo-Auftritte, die sie virtuos und gelassen meisterte.