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Wenn Eltern nicht mehr klar kommen

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Friedrichshafen / sz - Es gibt Lebenslagen in Familien, die ohne Hilfe von außen nicht mehr zu handhaben sind. Geht es um das Wohl von Kindern und Jugendlichen, ist das Jugendamt des Bodenseekreises ein wichtiger Ansprechpartner. "Hilfen zu Erziehung" heißt ein Bereich, über den die Leiterin des Jugendamtes Simone Schilling und ihre Stellvertreterin Sandra Leschik im Jugendhilfeausschuss am Dienstag berichteten. Wie gefragt diese Hilfen sind, ist an den Kosten abzulesen. 13,9 Millionen Euro hat der Landkreis im Jahr 2013 dafür ausgegeben – 2,1 Millionen Euro mehr als im Jahr 2011.

Bei den "Hilfen zur Erziehung" geht es zum einen um ambulante Hilfen. Sie bestehen in sozialpädagogischer Familienhilfe, Betreuung, sozialer Gruppenarbeit, Therapien und Integrationshilfen an Kindergärten und Schulen. Zum anderen geht es um stationäre Hilfen und Vollzeitpflege, das sind Heimunterbringung, Unterbringung in Pflegefamilien oder heilpädagogische Tagesgruppen. Dazu kommt noch das Schulgeld.

Eine signifikante Steigerung der Fälle und der Kosten in den Jahren 2011 bis 2014 verzeichnete das Jugendamt bei den ambulanten Hilfen, die einen großen Teil der "Hilfen zur Erziehung" ausmachen, wie die Grafik oben zeigt. Hier fallen vor allem Integrationshilfen und die Behandlung psychischer Erkrankungen ins Gewicht. Ein Plus von 20 Fällen entspreche hier einer Summe von rund 600 000 Euro. Eine stationäre Unterbringung sei viel teurer, weshalb hier die Anteile der Fallzahlen und Kosten nicht identisch sind. Das Jugendamt rechnet für einen Heimplatz etwa 50 000 Euro pro Kind und Jahr. "Nur wenige Fälle können die Kosten in die Höhe treiben", sagte die Amtsleiterin. Eine leichte Steigerung sei auch bei der Vollzeitpflege zu verzeichnen.

Im Wachsen befindet sich die geförderte Kindertagesbetreuung. In Kindertageseinrichtungen steigt die Zahl der Fälle seit 2011 von 379 auf 527 in 2014. Noch stärker in Anspruch genommen wurde die Kindertagespflege, hier waren es 2011 noch 87 Fälle, drei Jahre später aber schon 136 Fälle. Der Bedarf werde weiter steigen, sagte Simone Schilling. Deshalb werden laufend Pflegefamilien gesucht.

Acht Kinder waren akut gefährdet

Ein heikles Thema sind die sogenannten Kindswohlgefährdungsmeldungen – ein schrecklich bürokratischer Begriff, hinter dem im Wesentlichen der Verdacht auf Misshandlung steckt. 95 solcher Meldungen seien 2013 im Jugendamt eingegangen, davon haben sich laut Statistik acht als akute Gefährdungen und 44 als latente Gefährdungen herausgestellt. Keine Gefährdung, aber Hilfebedarf war in 21 Fällen gegeben. Die meisten Meldungen kamen von Nachbarn (18), gefolgt von der Polizei (14), anonym (14), Schulen (10), Verwandten (9) und Ärzten (4). Landrat Lothar Wölfle erinnerte an den Fall des totgeprügelten dreijährigen Alessio in Lenzkirch. Die Presse sei zunächst vorverurteilend auf das Jugendamt losgegangen, was sich aber bald als voreilig herausgestellt habe, wie der Prüfbericht ergeben habe. "Die dortigen Behörden haben nichts falsch gemacht", sagte Wölfle und stellte sich hinter seine Kollegin des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald, Dorothea Störr-Ritter (CDU). Er sei überzeugt, dass auch sein Jugendamt in diesem sensiblen Bereich gut und gewissenhaft arbeite. Eine absolute Sicherheit, dass Kinder dennoch etwas passiert, gebe es allerdings nicht. Die Jugendamtsleiterin erzählte von einem Fall aus dem Bodenseekreis, der durchs Fernsehen ging und wo nachher jeder fragte, wie kann man ein Kind in solchen Verhältnissen verwahrlosen lassen. Weil der Junge eine gute Beziehung zur Mutter hatte, haben wir anders entschieden und damit zur "tollen Entwicklung" des Jungen beigetragen, so Schilling.


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