Friedrichshafen / sz - Der erste Winter am See und mittlerweile mehr als drei Monate neue Chefin im Zeppelin Museum: Die promovierte Kunsthistorikerin Claudia Emmert hat sich im Redaktionsgespräch mit Martin Hennings und Alexander Mayer unterhalten. Über ihre neue Wirkungsstätte, über ein Museum im Spannungsfeld von Technik und Kunst, über die nun länger laufenden Wechselausstellungen und ihre ganz persönlichen Wünsche für ihre Zeppelin-Familie.
Die Verbindung von Technik und Kunst. Sie hat in Friedrichshafen nach wie vor ihre Kritiker. Sie halten dran fest. Warum?
Das Zeppelin Museum ist ein Museum für Technik und Kunst. Es ist ein Zwei-Sparten-Haus. Also wird das Museum große Kunstausstellungen genauso in seinem Programm haben wie große Technikausstellungen. Grundsätzlich gilt: Wir leben in einer Technik geprägten Zeit. Kunst und Technik sind eng miteinander verbunden. Es ist keine Frage, dass Kunst, wie überhaupt unsere ganze Gesellschaft, ohne Technik nicht mehr auskommen kann.
Das Zeppelin Museum muss sich als GmbH zu 50 Prozent selbst finanzieren. Eine große Herausforderung für ein öffentliches Museum. Wie lässt sich diese meistern?
Ich freue mich, dass der Gemeinderat ganz aktuell einer Aufstockung unseres Budgets für den laufenden Betrieb zugestimmt hat. Natürlich finanziert sich das Museum auch über Eintrittsgelder. Wir sind ein sehr besucherstarkes Haus, und der Museumsshop, den wir selbst mit zahlreichen Zeppelin-Souvenirs betreiben, läuft auch gut. Darüber hinaus müssen wir auch Sponsoren finden, die vor allem die Wechselausstellungen mitfinanzieren. Aber da bin ich ganz optimistisch. Kunstsponsoring gehört heute zu einer zentralen gesellschaftlichen Aufgabe. Dass dem so ist, hat sich schon in so manchen Chefetagen herumgesprochen.
Das Zeppelin Museum will große und länger laufende Wechselausstellungen auf die Beine stellen.
Ja, wir wollen große Ausstellungen und haben dazu jetzt insgesamt 1000 Quadratmeter zur Verfügung. Größe allein aber genügt nicht: Die Ausstellungen müssen auch wirklich gut sein. Weil das Museum ganz besonders auch vom Tourismus lebt, bieten sich längere Laufzeiten an. Thematisch sollen die Themen unserer Zeit vermehrt in den Mittelpunkt rücken, Ausstellungen mit längerer Laufzeit dürfen auch nicht für sich allein stehen, sie brauchen ein entsprechendes Rahmenprogramm (etwa mit dazu passenden Vorträgen), um auch die Menschen aus Friedrichshafen ins Boot zu holen.
Ausstellungen leben auch von Leihgaben. Das kann gehörig ins Geld laufen.
Da gilt es zu differenzieren. Geht es um Ausstellungen etwa der klassischen Moderne oder um Barockbilder ist die Begleitung durch einen Restaurator gefordert. Das ist natürlich mit Kosten verbunden. Ganz anders ist das bei zeitgenössischer Kunst. Da entscheiden die Künstler selbst, ob sie ausstellen wollen. Ist das Ausstellungskonzept überzeugend, kommen auch die Künstler. Selbst in ein international gesehen kleineres Haus wie das Zeppelin Museum.
Pflegt das Zeppelin Museum Beziehungen zu anderen Häfler Museen?
Ja klar. Das Dornier Museum ist kein Konkurrent, im Gegenteil. Wir arbeiten eng zusammen, weil zwei gute Player am Standort Friedrichshafen auch bessere Chancen bedeuten. Nicht Konkurrenzdenken, sondern Miteinander heißt die Devise. Wir tun’s mit Kooperationen und mit gemeinsamem Standortmarketing. Unser gemeinsames Ziel ist, die Menschen nach Friedrichshafen zu ziehen: Damit sie ins Zeppelin Museum gehen, im Schulmuseum und im Schauhaus im Zeppelindorf vorbeischauen – den Traum vom Fliegen aber auch im Dornier Museum erleben.
Kinder in ein Museum zu bekommen, ist über Schulen nicht schwierig. Wie kann man Jugendliche und junge Erwachsene für den musealen Alltag begeistern?
Das ist eine wichtige Aufgabe wie große Herausforderung. Um sie zu meistern, haben wir die Stelle Leitung Bildung und Vermittlung ausgeschrieben. Um das junge Mittelalter zu begeistern, wollen wir den jungen Freundeskreis ins Leben rufen. In den kann man mit 18 einsteigen, mit 39 ist dann Schluss. Mit Blick auf die jungen Erwachsenen müssen wir versuchen, diese mit deren eigener Sprache abzuholen. Das heißt multimediales Engagement, das heißt beispielsweise Video-Kunst im Museum. Grundsätzlich gehören Museen zum klassischen Bildungsprogramm von Schulen. Das wird auch von den Häfler Schulen so gesehen. Und mit Blick auf die jungen Erwachsenen muss es immer heißen: Museum muss auch Spaß machen.
Der erste Winter am See und mittlerweile mehr als drei Monate im Zeppelin Museum: Wie fühlt sich die neue Museumschefin?
Toll. Ich bin auf ein hoch motiviertes Team gestoßen und habe viele Einzelgespräche geführt. Wir haben in kurzer Zeit viel zusammen aus dem Boden gestampft. Die Feininger-Ausstellung beispielsweise. So stehen wir gut da. Allein im Januar sind 6500 Besucher ins Zeppelin Museum gekommen.
Von welchen Ihrer Stärken kann das Museum als erstes profitieren?
Ich kann Menschen führen und kann kommunizieren. Ich habe Gespür für aktuelle Themen, vor allem für zeitgenössische Kunst. Ich kann ein Thema verkaufen und den richtigen Ton treffen: Ich finde die richtigen Worte, warum die Menschen gerade in diese Ausstellung kommen sollen.
Ein ganz persönlicher Wunsch für Ihre Zeppelin- Familie?
Das ist schwierig. Das, was ich mir wünsche, das pflege ich direkt anzugehen. Natürlich gibt es noch Wünsche in Richtung zusätzlicher Räume und mehr Budget für das Museum. Und schließlich: Es wäre super, den fliegenden Zeppelin mit Kunst zu verbinden. Da könnte man es richtig krachen lassen.
Biografisches zu Claudia Emmert
Claudia Emmert ist seit 1. Oktober 2014 Geschäftsführerin/Direktorin des Zeppelin Museums. Vorher hatte die Kunsthistorikerin das Kunstpalais in Erlangen geleitet (2009 bis 2014); im Sommersemester 2014 war sie zudem Lehrbeauftragte am Institut für Kunstgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Vorangegangene berufliche Stationen:2001 bis 2009 war sie Dozentin an Sparkassen-Akademien und Hochschulen in Bonn, Landshut und Potsdam;1999 bis 2009 Leiterin des Deutschen Sparkassenverlags in Stuttgart; 1994 bis 1999 Leiterin und stellvertretende Leiterin der Galerie der Stadt Fellbach und Kulturamt der Stadt Fellbach;1992 bis 1994 Dozentin an der Staatlichen Modeschule Stuttgart.
Claudia Emmert hat nach ihrem Studium an der Uni Stuttgart (Kunstgeschichte/Germanistik/Romanistik) bei Professor Reinhard Döhl promoviert.
Ihr Thema: 'Bühnenkompositionen und Gedichte von Wassily Kandinsky'.