Friedrichshafen / sz - Stühle, auf denen man nicht sitzen kann, eine Batterie, die keinen Strom abgibt – wem nützt das? Genau diese Frage ist Ausgangspunkt für die Ausstellung "non profit – nutzlose Nutzbarkeiten jenseits von Nutzen", die als Kooperation von Kunstverein und Zeppelin Museum am Donnerstag um 19 Uhr im Wechselausstellungsraum des Museums eröffnet wird.
So wie der Kunstverein sich im ganzen vergangenen Jahr auf unterschiedliche Weise dem Phänomen "Zeit" und damit auch dem allgegenwärtigen Zeitdruck angenähert hat, so war es die Idee von Kurator Jörg van den Berg, als nächsten Schritt nachzudenken über den enormen Effizienzdruck, der sich zu verabsolutieren droht. Effizienz ist gefordert in der Wirtschaft, in der Politik, im Militär, von jedem Einzelnen. Da fragt sich, inwieweit die Kunst ebenfalls in diese Kosten-Nutzen-Frage eingespannt ist – oder ist sie noch ein letztes Refugium? Ist der Künstler aus Zeit und Logik herausgenommen, darf er aus die Nutzen-Metaphern hinter sich lassen, nutzen-freie Kunst schaffen? Wird gar hier die Freiheit einer Gesellschaft entschieden? Fragen, die Jörg van den Berg beim Presserundgang in den Raum stellte, Fragen, die Frank-Thorsten Moll als Leiter der Kunstabteilung des Zeppelin Museums gern aufgegriffen hat, so dass gemeinsam eine Ausstellung entstanden ist, die gerade dadurch zum Nachdenken anregt, als sie sich der Ökonomisierung der Kunst entgegenstellt.
Auch die Ströme sind zwecklos
Eine Ausstellung, die sich auf neun Werke von sieben Künstlern beschränkt, ihnen den nötigen Raum gibt und den Besucher auffordert, in diesem offenen Netzwerk Knotenpunkte zu finden, Linien zu ziehen von einem zum anderen. Einen achten Künstler hat Moll aus dem Depot eingebracht: Ein barockes Landschaftsbild von Franz Joachim Beich korrespondiert mit seinem idealisierten Blick in die Natur mit Michael Reischs Großfotografie vom schneebedeckten Matterhorn. Aber zeigt Reisch die Wirklichkeit oder lässt er nicht eher an der Wahrnehmung zweifeln? Jungfräulich liegen die Schneehänge da, kein "Matterhorn-Express", keine Liftanlagen, keine Hütten stören die Idylle – die Bearbeitung hat alles Kommerzielle herausgelöscht. Daneben lässt Judith Fegerl in Reihe Ströme fließen durch Kupfer- und Aluminiumplatten oder Wärmelampen von der Decke hängen – zweckfreie Ströme. Dagegen regiert die Kosten-Nutzen-Frage das Video von Adrian Paci. Er verfolgt den Weg eines Steinblocks aus China nach Paris, bei dem die Transportzeit genutzt wird, um die bestellten dorischen Säulen für die Galerie "Jeu de Paume" herauszuarbeiten. Zweckfrei ist dagegen, was Matthias Wermke und Mischa Leinkauf in Berlin im Video festgehalten haben: Ob nächtliche Skyline, Fernsehturm oder U-Bahn-Schacht, immer schiebt sich Wermke unbekümmert auf einer Schaukel ins Bild. Alexej Meschtschanows Stuhlreihe namens "Bopparder Kanapee" lässt einen die ganz unterschiedlichen Stühle wahrnehmen, die man sonst einfach als Sitzgelegenheit nutzen würde. Keinen "Nutzen" für den Kunstmarkt hat Gregor Gleiwitz’ direkt auf die Wand gemalte Malerei – wer will sie mitnehmen? Ein Text der Lyrikerin Barbara Köhler, der Lücken, Lügen und anderes hinterfragt, führt hinein in die Ausstellung.
Die Eröffnung findet heute, Donnerstag, 22. Januar, um 19 Uhr, statt. Dauer der Ausstellung bis 8. März, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.