Friedrichshafen / sz - Der Bodenseekreis wird im Jahr 2015 knapp 300 Millionen Euro an Ein- und Ausnahmen umsetzen. Das wurde bei der Verabschiedung des Haushaltsplans in der Kreistagssitzung am Dienstag bekannt. Größter Ausgabenposten werden am Ende Ausgaben für soziale Sicherung sein, daneben setzt der Kreis auf Schuldenabbau.
Rund 145 Millionen Euro wird der Bodenseekreis damit in die Sozialsysteme investieren. Dazu zählen neben der Grundsicherung für Arbeitssuchende auch Ausgabe wie Beispielsweise Pflegehilfen, Eingliederungshilfen für behinderte oder Leistungen an die Jugendämter sowie Unterstützungszahlungen für soziale Einrichtungen. Dazu kommen erwartbar steigende Kosten für die Versorgung zunehmender Zahlen von Asylbewerbern - auch wenn sich dieser Posten im Vergleich zu den Gesamtausgaben klein ausnimmt.
Geld aus der Rücklagenkasse
Mit dem neuen Haushaltsplan will der Kreis auch den seit einigen Jahren erfolgreich betriebenen Schuldenabbau weiter vorantreiben. So sollen die Schulden vorbehaltlich unerwarteter Ausgaben von 38,5 auf nurmehr 33,4 Millionen Euro sinken. Ein Wermutstropfen ist dabei allerdings die Tatsache, dass der Kreis 3,1 Millionen Euro aus eigenen Rücklagen entnimmt und für die Schuldentilgung damit ans eigene Finanzpolster geht.
Die wichtigsten Investitionen des Bodenseekreis im kommenden Jahr sowie in den von der Finanzplanung bis 2018 abgedeckten Vorhaben werden insgesamt knapp 60 Millionen Euro kosten. Besonders bedeutsam werden dabei einige Straßenbauvorhaben sein. So wird sich der Kreis beispielsweise mit 400000 Euro an der Südumfahrung Kehlen beteiligen. Insgesamt sind für den Straßenbau rund 7,6 Millionen Euro an Kreisausgaben eingeplant.
Kritik „deplatziert“
Auch wenn im Kern alle Parteien und Fraktionen im Kreistag den Haushalt für das Jahr 2015 befürworteten, gab es in der Sitzung am Dienstag noch einigen Gesprächsbedarf, der sich vor allem an vier von der SPD-Fraktion eingebrachten Anträgen zum Haushaltsplan entzündete. Unter anderem forderten die Genossen die Bereitstellung von 200000 Euro für Schulsozialarbeit an beruflichen Schulen im Kreis. Dazu kam ein Antrag auf Anstellung eines Kreisjugendpflegers, einer Kindergartenfachberatung und eines „Welcome Centers“ für internationale Fachkräfte und Unternehmen. Auch wenn es für die Anträge aus Reihen von Grünen, FDP und Linken in teilen Zustimmung gab, kritisierten vor allem CDU und Freie Wähler. Während die Freien Wähler beanstandeten, die SPD habe die Anträge „sehr kurzfristig“ eingereicht. „Mit Blick auf den einen oder anderen Antrag der SPD-Fraktion warnen wir vor einer „Allzuständigkeit“ des Kreises“, sagte dagegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Dieter Hornung in Richtung SPD. SPD-Rat Dieter Stauber nannte die Kritik der Kollegen letztlich „deplatziert“, es sei vielmehr gutes Recht einer Fraktion, Anträge zum Haushalt einzubringen.
Ein Schlichtungsversuch, unter anderem vorangetrieben von Landrat Lothar Wölfle, sorgte schließlich dafür, dass die SPD-Anträge gemeinsam mit weiteren kleineren Anträgen zur Beratung in die Fachausschüsse des Kreistags verlagert wurden.
Zum Ende der Debatte und Fraktionserklärungen zum Mega-Haushalt für das Jahr 2015 stimmten alle Fraktionen der Haushaltssatzung samt Budgets für das Jahr 2015 einstimmig zu. Die Finanzplanung bis ins Jahr 2018 passierte das Gremium dagegen mit einer Gegenstimme und vier Enthaltungen, was unter anderem auf einen Redebeitrag der Linken zurückzuführen war, die Jahr erhebliche wirtschaftliche Veränderungen befürchtet.
Einnahmen im Kreis
276 Millionen Euro nimmt der Kreis im Jahr 2015 ein. 131 Millionen davon stammen aus Steuern und Zuweisungen von Land, Bund und Kommunen. Rund 19 Millionen stammen aus direkten Gebühren, dazu kommen weitere Einnahmen.
Fraktionserklärungen:
CDU: „Die Eckdaten stimmen“
Der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Dieter Hornung, sagte in seiner Fraktionserklärung zum Kreishaushalt, grundsätzlich würden dessen „Eckdaten stimmen“. Dunkle Wolken sah der Kommunalpolitiker allerdings am Finanz- und Wirtschaftshimmel aufziehen. Das Wachstum der vergangenen Jahre drohe sich zu verlangsamen, die Märkte seinen verunsichert. Asyl und Zuwanderung infolge einer instabilen weltpolitschen Lage würden Unsicherheit weite r erhöhen. Deshalb müsse der Kreis eine Konzentration auf ureigenste Aufgaben versuchen und er dürfe nicht versuchen, angesichts derzeit noch positiver Zahlen, „das Füllhorn“ auszuschütten. Künftige Vorhaben wolle man dementsprechend in eine passende Reihenfolge bringen.
FW: Bildung als Basis für Erfolg
Simon Blümcke, Fraktionschef der Freien Wähler, schloss sich in seiner Fraktionserklärung den großen Linien der CDU-Fraktion an. Investitionen in die Bildungslandschaft nannte Blümcke an erster Stelle als „wichtiges Modul für die Zukunftsfähigkeit des Kreises“. Auch auf das Thema Straßenbau legten die FW einen besonderen Fokus. Die künftige Planung des B31-Ausbaus zwischen Überlingen und Friedrichshafen sei nun eine „Schicksalsfrage des Kreises“, so der Fraktionschef. Daneben erklärte die FW ihre Unterstützung für den Flughafen Friedrichshafen, den Blümcke als „wenigstens einen gut ausgebauten Netzanschluss“ in der Region bezeichnete. Zum Thema Asyl sagte Blümcke, es sei „unsere Pflicht, hier nach Kräften zu helfen.“
Grüne: Nachhaltig, ökologisch, sozial
Christa Hecht-Fluhr, Fraktionssprecherin der Grünen, sprach in ihrer Haushaltsrede über die Frage, wofür künftig Geld ausgegeben werden sollte und wofür nicht. Dafür wollen die Grünen drei Messlatten an Ausgaben und Beschlüsse anlegen: Nachhaltigkeit, Ökologie und Sozialverträglichkeit. So kam es, dass die Partei den mehrheitlich befürworteten Straßenbau in der Region kritisch beurteilte: „Wir sind zu sehr fokussiert auf Straßenpolitik“ so Hecht-Fluhr. Sie forderte dagegen einen Wiedereinstieg des Kreises in die Finanzierung von Radwegen. Auch zum Thema Flughafen gab es kritische Stimmen (siehe Spitzenmeldung). Beim Thema Integration nannten die Grünen die Schaffung neuer Stellen eine richtige Entscheidung.
SPD: „Seit Jahren nichts getan“
SPD-Mann Norbert Zeller sprach im Namen seiner Partei in der Haushaltsrede zunächst über die eingebrachten Anträge der Genossen, die laut Zeller „offenbar zu erstaunen geführt hätten“. Die Anträge, die vor allem auf den Ausbau sozialer Dienste in Schulen und Kindergärten abzielten, seien eine Folge der Tatsache, dass „seit Jahren über bestimmte Inhalte gesprochen werde“, so Zeller, „aber es hat sich nichts getan,“ Auch das Thema Bildung rückte der SPD-Politiker ins Zentrum seiner Rede. Grundsätzlich stimmte die SPD, wie die anderen Fraktionen aber dem Haushalt zu. Zeller: „Es geht uns gut, das muss man sagen.“ Jetzt sei ein weiterer Schuldenabbau wichtig, um die Zukunft des Bodenseekreis sicher zu gestalten.
FDP: Menschen auf die Beine helfen
Für die FDP hielt Hans-Peter Wetzel die Haushaltsrede und setzte zu Beginn einen sozialen Fokus. Es sei erschreckend, „wie viele Menschen nicht ohne staatliche Hilfe auskommen“, so der Liberale. Für den Bodenseekreis sei es daher ratsam, Ausgaben im sozialen Bereich vor allem in Projekte zu stecken, die Menschen helfen würden, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. „Schulausgaben sind deshalb die beste Sozialpolitik“, sagte Wetzel weiter. Außerdem ist es laut FDP ein Zeichen der Menschlichkeit, jetzt Flüchtlinge zu unterstützen. Der FDP-Mann warnte davor, all jene, die sich mit dieser Frage kritisch auseinandersetzen, „in die eechte Ecke zu stellen“. Man dürfen Bedenken nicht abtun, sondern müsse sich damit auseinandersetzen.
Linke: Abbau von Schulden ist Illusion
Die Partei die Linke, die im Kreistag kein Fraktionsstatut hält, meldete sich dennoch in der Haushaltsdebatte zu Wort. Der Linke-Kreisrat Roland Biniossek warf Landrat und Kreisrat Täuschung vor, da der Kreis den angeblichen Schuldenabbau aus Rücklagen bezahle: „Der Haushalt reduziert keine Schulden“, so Biniossek wörtlich. Außerdem prognostizierte der Politiker, das nächste Haushaltsjahr werden bedeutend schwieriger als erwartet, nicht nur wegen der weltpolitischen und wirtschaftlichen Gesamtlage: „Wir werden mit der Nase auf einen Sanierungsrückstau stoßen“, sagte Biniossek, auch die Umstellung der Haushaltsführung auf das sogenannte dopische System würde Überraschungen zu Tage treten lassen.