Friedrichshafen / hag - Friedrichshafens Städtepartnerschaften funktionieren nicht mehr so gut, wo noch vor einigen Jahrzehnten. Walter Bretzel, bei der Stadtverwaltung für die Betreuung der Partnerschaften verantwortlich, hat mit SZ-Redakteur Hagen Schönherr über die Probleme gesprochen.
Welche Städtepartnerschaften leiden derzeit besonders unter Personalnot, Überalterung, oder anderen Einschränkungen? Was sind die Gründe dafür?
Diese Entwicklung ist nicht nur bei Vereinen zu erkennen, die sich mit den Städtepartnerschaften befassen. Dies ist ein grundsätzliches Problem, dass es immer schwieriger wird, Menschen für die Arbeit in den Vereinen zu gewinnen. Meist ist das durchschnittliche Alter der ehrenamtlich Engagierten hoch. Junge Menschen, die die Arbeit der Älteren übernehmen, sind kaum zu gewinnen. Personalnot und Überalterung kann auch bei den Partnerstädten beobachtet werden. Ausnahme ist hier die Partnerschaft mit Imperia. Oft leiden Städtepartnerschaften auch unter den politischen oder organisatorischen Veränderungen. In Polozk wurden im Frühjahr 2013 Stadt und Landkreis miteinander verbunden. Dadurch waren die bisherigen Ansprechpartner nicht mehr im Amt. Zu den neuen Amtsträgern mussten erst Kontakte aufgebaut werden. Peoria ist sehr weit von Friedrichshafen entfernt. Deshalb entstehen, trotz der großzügigen Unterstützung der Stadt, hohe Reisekosten für die Teilnehmer von Schüleraustauschen. In Peoria selbst, sind die Reisenden auf Sponsoren angewiesen. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass Angebote von Vereinen nicht angenommen werden.
Sie berichteten, das Engagement in Bevölkerung, Verwaltung und Politik für die Partnerschaften seien zurückgegangen. Woran machen Sie das fest? Was sind die Gründe dafür?
Ein Grund dafür ist das durchschnittliche Alter der Engagierten. Unsere Partnerschaften mit den verschiedenen Städten wurden vor 25 bis zu 42 Jahren gegründet. Ausnahme ist hier die junge Partnerschaft mit Imperia. Viele Wegbereiter und Wegbegleiter mussten aus gesundheitlichen Gründen ihr Engagement reduzieren oder beenden oder sind verstorben. Dadurch entstehen Lücken, die erst wieder geschlossen werden müssen. Die Bereitschaft der Stadt und der Gemeinderates ist nach wie vor ungemindert. Wir brauchen aber Partner die uns bei der Arbeit mit und in den Partnerstädten unterstützen.
Sie planen, neuen Schwung in die Partnerschaften zu bringen. Im Ausschuss wurden dazu aber nur sehr grobe Ideen skizziert. Wie kann es konkret gelingen, das Thema Partnerschaften wieder auf die Agenda von Bürgern und Politik zu bringen? Wer müsste dabei Vorreiter sein?
Diese Problematik ist kein spezifisches Thema, das nur in Friedrichshafen zu beobachten ist. Wichtig ist es, das Bewusstsein der Menschen dahingehend zu schärfen, dass auf Dauer der Friede, die Verständigung und die Stabilität in Europa nur gewährleistet werden kann, wenn sich die Bürger begegnen und gegenseitig kennen. Dieses Problem kann nicht von oben gelöst werden, vielmehr muss die Verständigung an der Basis passieren. Hier gibt es bisher nur wenige Lösungsansätze, um die Situation zu verbessern. Wichtig ist, dass die Kontakte zwischen den Menschen in den Partnerstädten kontinuierlich angekurbelt werden. Ein Handicap sind dabei oft die unterschiedlichen Sprachen und die damit verbunden Verständigungsproblemen.
Kritiker behaupten, Städtepartnerschaften hätten ihre ursprüngliche Bedeutung der Völkerverbindung verloren. Heute gebe es bessere Möglichkeiten, über Grenzen hinweg Kontakt zu halten. Stimmen Sie dem zu?
Dieser Aussage kann und will ich nicht zustimmen. Natürlich kann man über Internet, Facebook und Twitter Kontakte in alle Welt unterhalten. Dies darf nach meiner Ansicht aber nicht den persönlichen Kontakt zwischen den Menschen ersetzen. Gemeinsame Treffen und Gespräche sind wichtig, für das gegenseitige Verständnis. Internet kann also kein Ersatz für reale zwischenmenschliche Kontakte sein. Die Kombination aus persönlichen Kontakten und dem schnellen schriftlichen Kontakt beispielsweise über E-Mails erleichtert die Verständigung über Länder und Kontinente hinweg.