Friedrichshafen / sz - MAN will künftig seine Lkw-Getriebe selber bauen. Zulieferer ZF in Friedrichshafen fürchtet daher Stellenabbau. Der Betriebsrat schlägt Alarm.
Das Thema lag schon länger in der Luft, während der jüngsten IAA in Hannover hat MAN auch offiziell einen Knopf dran gemacht: Der Münchner Nutzfahrzeughersteller will künftig gemeinsam mit Scania Getriebe entwickeln und bauen. Beide Unternehmen gehören zum VW-Konzern, der sich durch den Schritt offenbar höhere Gewinne verspricht.
MAN ist für den ZF-Standort Friedrichshafen kein beliebiger Kunde unter vielen. Bei den schweren Nutzfahrzeuggetrieben, die ZF ausschließlich am Bodensee fertigt, galt der Lkw-Bauer bisher als Leitkunde und wichtiger Entwicklungspartner. Wie groß der Anteil von MAN-Aufträgen an der Produktion im Werk 2 ist, will ZF nicht beziffern. Wie man aber hört, wird etwa jedes zweite bis dritte Nutzfrahrzeug-Getriebe, das in Friedrichshafen vom Band läuft, in ein MAN-Fahrzeug eingebaut. Weitere große Kunden sind DAF und Iveco. Laut Betriebsrat arbeiten im Moment etwa 3500 ZFler in Friedrichshafen in Produktion und Montage schwerer Nutzfahrzeuggetriebe.
„Die Nachricht der engeren Zusammenarbeit von MAN und Scania hat uns nicht überrascht. Wir sind mit dem Kunden ja regelmäßig in Kontakt“, sagt Fredrik Staedler, Leiter der ZF-Division Nutzfahrzeugtechnik, auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung. Er betont, dass sich die neue VW/MAN-Strategie „nur auf einen Teil der ZF-Lieferungen“ auswirken wird. „Wir werden also unser Fertigungsvolumen an MAN nicht komplett verlieren und beliefern etwa weiterhin die Bus-Sparte von MAN mit Getrieben.“ Prognosen oder gar konkrete Zahlen wollte Staedtler nicht nennen.
Erheblicher Einbruch
Klar ist, dass sich der Teilrückzug von MAN nicht von heute auf morgen auswirken wird. Die neuen Getriebe für die Baureihen TGS und TGX müssen erst noch entwickelt, Produktionsmöglichkeiten geschaffen werden. MAN nennt das Jahr 2016 als Startpunkt, Beobachter gehen davon aus, dass der jetzt gefasste Beschluss in erheblichem Umfang bei ZF erst etwa im Jahr 2018 zu spüren sein wird. Die Unternehmensleitung will den irgendwann sicher in erheblichen Umfang wegbrechenden Aufträgen offenbar mit einer Doppelstrategie begegnen.
So setzt Fredrik Staedtler zum einen darauf, neue Kunden gewinnen zu können und nennt als konkrete Beispiele den chinesischen Hersteller Dongfeng und den türkischen Produzenten Ford Otosan. „Um den Standort zukunftsfähig zu machen, suchen wir auch nach weiteren Alternativen“, erklärt der Divisionschef. Ein Beispiel sei der Einstieg in die Bearbeitung der Gehäuse für das Acht-Gang-Automatgetriebe für Pkw, das in Saarbrücken produziert wird. „So können wir unsere Werke standortübergreifend flexibel auslasten.“
Ins gleiche Horn – wenn auch mit etwas mehr Puste — stößt ZF-Betriebsratsvorsitzender Achim Dietrich-Stephan. „Es muss uns jetzt ganz schnell was einfallen. Da sind jetzt das Management, aber auch der Betriebsrat gefordert.“ Schließlich sei Friedrichshafen dank fähiger Mitarbeiter in Entwicklung und Produktion ein leistungsfähiger Standort. „Wir brauchen eine offensive Strategie“, sagt er im Gespräch mit der SZ. „Drei Jahre lang an einem Plan für sozialverträglichen Personalabbau arbeiten? Dafür stehe ich nicht zur Verfügung.“ Das Thema treibe die Kollegen durchaus um, berichtet Dietrich-Stephan. „Viele fragen sich schon, wie es jetzt weitergehen soll. Diese Frage ist aus unserer Sicht noch nicht beantwortet.“