Quantcast
Channel: Schwäbische: Feeds: Spaichingen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293

Jeannine Meighörner liest aus „Speranza“

$
0
0

Friedrichshafen / sig - Die Autorin Jeannine Meighörner hat im Rahmen des Häfler Literaturherbestes am Sonntagnachmittag im „Al Porto" ihr Buch „Speranza“ vorgestellt. Der Roman erzählt die Geschichte der Eismacher Clara und Ricardo Fontanella – eine Liebesgeschichte im Schatten einer Naturkatastrophe im italienischen Städtchen Longarone.

Bürgermeister Peter Hauswald begrüßte eingangs die ehemalige Häflerin Jeannine Meighörner, die mit ihrer Familie seit Jahren in Innsbruck lebt und immer wieder zurück kommt, um Lehraufträge in der Region zu übernehmen, als Dozentin an der hiesigen Volkshochschule zu wirken und wie in diesen Tagen, ihre Bücher vorzustellen. Auf rein fiktive Geschichten lasse sie sich nicht ein, sie verquicke in ihrem Roman „Speranza“ reales historisches Geschehen und historische Personen mit einer großen Lust am Erzählen, am Lebendigwerden lassen, so Hauswald. Davon lebten ihre Bücher.

Eindrucksvoll und berührend erzählte Jeannine Meighörner von der Ankunft des jungen Paares Clara und Ricardo in der Heimat bei den Eltern Ricardos, die stolz auf ihre Kinder sind. Sie arbeiten „im Eis“. Was heißt, es geht ihnen gut. Bis zu dem 9. Oktober 1963, der eine dramatische Entwicklung nimmt, und eine Katastrophe für ganz Italien werden sollte.

Noch feiert man bei den Eltern die Heimkehr. Im Fernsehen steht am Abend das Europacupspiel zwischen den Glasgow Rangers und Real Madrid an. Ricardo will es in einer örtlichen Bar anschauen, Clara, die junge Frau von den Bergen über Peron, ist nach 16 Stunden Zugfahrt zu müde. Und aus Fußball macht sie sich ohnehin nichts. In der Nacht erwacht sie vom Grollen eines Bergsturzes, das sie für ihn heraufziehendes Unwetter hält, als sie die dunkle Küche betritt, denn sie hat „Durst nach dem Wasser der Berge“, das ihr zu bringen Ricardo vergessen hat. Was Clara immer noch für ein nahendes Unwetter hält, ist ein fürchterliches Unglück. Der Staudamm, den man trotz der wiederholten Erdrutsche in diesem Gelände („wandernder Berg“) gebaut hat, ist gebrochen. Er begräbt das komplette Städtchen unter sich. Nur wenige Menschen überleben.

Unter den Überlebenden sind auch Clara und Ricardo, in einer Luftblase unter einem Spülstein. Ein Schäferhund hat sie aufgespürt. Doch auch das hat Clara noch für einen Traum gehalten, ihren „Friedhofstraum“. Sie verliert ihr Kind. Zu Fuß gehen beide durch die tote Stadt nach Peron, wo ihre Eltern in den Bergen leben, Ricardo hat alle Angehörigen verloren.

Beide kehren nach Frankfurt zurück – in ihre Eisdiele im Rotlichtviertel. Dort hilft ihnen die Routine gegen den Wahnsinn, gegen das Erinnern an die „Scheiß-Staudamm-Gesellschaft“. Ricardos Heimat sind die Gräber seiner Familie.

„Weihnachten kommt bald“

„Eisdielen sind Oasen des Glücks“, wirbt Jeannine Meighörner am Ende für diese – und ihre „Hoffnungs- und Liebesgeschichte“. Ein „Geschenk der Liebe“, verbunden mit dem Hinweis: „Weihnachten kommt bald“.

Bürgermeister Peter Hauswald dankte der Autorin für eine gelungene Lesung, dem Wirtspaar Caccece vom „Al Porto“ für ihre Gastfreundschaft, Friederike Lutz für ihr Engagement und zusammen mit Thomas Goldschmidt als Initiatoren des ersten Literaturherbstes in Friedrichshafen, der noch bis zum 9. November dauert, und künftig eine feste Häfler Einrichtung werden soll.

Friedrichshafen ist ein „besonderer Ort“, hat Jeannine Meighörner zu Beginn gesagt, und: „Vor Freunden lesen zu dürfen, ist etwas Besonderes“. Das galt auch am Ende noch.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293